Die erste Corona-Homeoffice-Woche habe ich überlebt. Also ganz, ganz knapp. Mein Mann hat auch überlebt, wobei ich gelegentlich in Versuchung war, und mein Kind war immer schnell genug. Und jetzt könnte ich weiter zu diesem Thema schreiben und würde sicherlich tausend lustige Momente finden, die ich teilen möchte. Aber ehrlich gesagt, bin ich einfach zu fertig von dieser Woche und kann das Wort Corona kaum noch hören, geschweige denn schreiben. Ich brauch Corona-Ferien.
Deshalb nehme ich mich einem anderen Thema an. Und da uns allen, verdientermaßen, die Ausgangssperre droht, will ich wenigstens mal in Gedanken auf Reisen gehen. Und da bei mir das Reisen ja gelegentlich auch so ein kleines bisschen Abenteuer bedeutet, habe ich mal überlegt, welche Reise ungefähr so anstrengend und nervenzehrend war wie die aktuelle Home-Office-Woche.
Es war meine Reise 2011 in die zentralafrikanische Republik und die Republik Kongo zu den Flachlandgorillas, Waldelefanten und den Ba’Aka (Pygmäen-Völker). Diese Zusammenfassung ist sicherlich für viele von Euch schon genug Abenteuer, aber mich hat es gereizt, genau das alles ganz natürlich zu erleben. Und so packte ich meinen Koffer, der meine gelbschwarze Reisekraxe war, mit allem was man für solch ein Abenteuer dringend braucht. Also reichlich Medizin für alle Insektenbisse und sonstigen Krankheitserregern, Ladekabel im Zehnerpack für Kamera und Handy’s, Antimückenschutz, Schuhen für die unterschiedlichen Situationen, Regenschutz und natürlich Schlüpfer, T-Shirts, Hosen, Socken und machte mich mit all diesen Sachen auf den Weg nach Bangui in der zentralafrikanischen Republik (ZAR, weil logischer als CAF) um dort auf vier mir völlig Fremde zu treffen mit denen ich die nächsten Tage unterwegs sein sollte um dieses Abenteuer zu meistern.
Bis dahin alles komplett entspannt. Ich habe ja auch noch nie schlechte Erfahrungen auf Reisen gemacht. Und so stand ich auch in Bangui am Gepäckband, lauschte meinen Reisekumpanen, die erzählten wo sie schon überall ihr Gepäck verloren haben und dachte mir nur so:
Also so etwas passiert mir nicht, niemals.
Das dachte ich allerdings nicht allzu lange, denn irgendwann war ich die einzige am Gepäckband, welches sich stetig drehte und einfach nur NICHTS beförderte. Die selbsterfüllende Prophezeihung hatte mit Wucht zugeschlagen, denn meine Schlüpfer, T-Shirts, Hosen, Regensachen, Schuhe, Medizin, Ladekabel waren einfach nicht mehr Teil meines Abenteuerurlaubes. Stattdessen hatte ich eine unpraktische, aber schicke Jeans an und einen Handgepäckrucksack mit 2 Handy’s, dem Fotoapparat ohne Ersatzakku, meinem Reisetagebuch, einen Stift und den leeren Postkarten, die ich vorher zu Hause selber gestaltet hatte, falls ich hier keine finde würde.

All das hilft mir nicht wirklich zu überleben. Ohne Funknetz waren die Handy’s nur gut für Musik, wobei ohne Ladekabel, dies auch nur ein sehr limitiertes Vergnügen war. Ich mit meinem Fotofinger bekam sofort Panik bezüglich des Akkustandes und so eine Foto-Panikattacke ist nicht zu unterschätzen, lebensgefährlich. Ja, ich werde Gorilla’s sehen und kann sie dann nicht fotografieren? Wer will mich hier auf die Probe stellen und mein Stresslevel austesten? Wo ist die versteckte Kamera mit meiner süßen kleinen gelbschwarzen Kraxe? Aber eines tröstete mich: ich konnte ja wenigstens an ca. 30 Personen Postkarten schreiben. Naja schreiben ja, versenden nicht, denn die Briefmarken fehlten natürlich.
Mir wurde relativ schnell klar, das dies ein Special-Urlaub wird mit Special-Effekten und Special-Empfindungen. Aber glaubt mir, da ging noch einiges mehr. Auch war mir schnell klar, dass ich mein Gepäck wohl abschreiben konnte, denn am nächsten Tag ging es ab in den Jungle und keiner am Flughafen war bereit mein Gepäck, falls es jemals auftauchte, zu mir zu bringen. Mal schnell shoppen gehen wäre die Lösung gewesen, aber in der ZAR auch nicht unbedingt so einfach, doch dazu später mehr.
Also fuhr ich das Notprogramm hoch: Einen Schlüpfer von der einzigen weiblichen Touristin borgen. Wobei borgen hier echt ein unangebrachter Begriff ist. Ich habe den Schlüppi bis heute, neun Jahre später und ich glaube, sie will ihn auch nicht zurück.
Im Hotel habe ich sogar noch ne Zahnbürste und einen Kamm bekommen und dann erst einmal schön das Handy an und ein Lied zur Motivation hören:
„always look on the bright side of life…dadumm, dadummdadummdadumm“
So hoch motiviert ging es am nächsten morgen mit zwei Auto’s, meinen vier Reisekumpanen, einem Guide und den Fahrern los Richtung Dzanga-Bai, tief in den Jungle. Fernab von Straßen im herkömmlichen Sinn und mitten bei den Ba’Aka-Völkern. Ich hatte mein Handgepäck bei mir, den Fotoapparat startklar und war hoch motiviert, am Anfang der Reise wenigstens noch ein paar Klamotten shoppen zu können. Mein Guide hatte mir schließlich ein tolles Shoppingerlebnis versprochen und darauf baute mein gesamter Optimismus.
An dieser Stelle noch mal zur Klarstellung: Frauen wollen ausführlich shoppen gehen……eine riesige Auswahl haben….. und einen Spiegel der uns schmeichelt. Ist das denn zu viel verlangt?

In ZAR offensichtlich schon, denn mein Guide hielt auf einem Markt und ich fühlte mich, als würde ich kopfüber im Rot-Kreuz-Container feststecken. Die Auswahl war groß, zumindest in XXL, denn die kleinen Größen hatten ja schon die Ba’aka-Damen geshoppt. Eine Umkleidekabine wurde extra für mich gebaut, welch ein Service. Spiegel gab es natürlich keinen und somit musste ich den Aussagen der beiden Verkäufer glauben:
Ach, das können Sie tragen, sieht richtig schick aus und macht sie richtig schlank.
Ich könnte jetzt noch explodieren, wenn ich an mein erstes Spiegelerlebnis nach dem Einkauf zurückdenke. Der Spiegel ist fast explodiert, so weh tat es im Auge. Aber zurück auf den Markt.
Leider gab es ja nur T-Shirts und Hosen, Taschen und ein paar Schuhe. Ich weiß, uns Frauen wird nachgesagt, dass uns Taschen und Schuhe glücklich machen. Aber ehrlich gesagt, wollte ich in dem Moment etwas anderes. Gab es aber nicht. Denn ein täglich frischer Schlüppi wird hier wohl eh völlig überbewertet. Und so leistete ich mir nach einer 1A-Beratung zwei T-shirts, eine Hose mit Seil und ein paar Flipflops und war für den Moment sehr, sehr zufrieden. Passte auch alles in mein Handgepäck, wie praktisch.
Doch jetzt lasst uns mal Klartext reden. Bitte, bitte, bitte schmeißt das nächste Mal ein paar schicke und ordentliche Sachen in den Rot-Kreuz-Kontainer, in Größe M wäre schön. Denn so wie ich nun rumlief wurden Foto’s von mir mit Todesstrafe belegt. Ein paar Foto’s gibt es dennoch, aber die Fotografen habe ich qualvoll sterben lassen. So etwas passiert von sowas.


So, jetzt am Ende von Teil 1 ist mein Stress der letzten Woche schon mal vergessen, alles gar nicht so schlimm, was wir hier gerade durchmachen. Gibt schlimmeres.
Und wenn ihr wissen wollt, wie die Reise ohne Schlüppi & Co. weiterging, dann folgt diesem Blog. Die nächsten Einträge führen Euch weiter in den Jungle und werden von vielen Stunden als Mann-Weibchen, Begegnungen mit wilden Tieren, den Pygmäen, den Gorilla’s und unserer Speedgeschwindigkeit im Rennen und den vielen, vielen verrückten, kleinen und großen Abenteuern auf dieser Reise erzählen und klären, ob ich jemals wieder meine gelbschwarze Kraxe gesehen habe. Für heute habe ich fertig….
Herrlich! Es hat richtig Spaß gemacht deinen Beitrag zu lesen – ich habe immer noch ein Lächeln im Gesicht! Ich hefte mich an deine Fersen und freu mich aufs Weiterlesen!
Bleib(t) gesund genieß(t) das Wochenende, liebe Grüße, Julie
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Danke 😊 heute Abend gibt es Teil 2
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