Ich packe meinen Koffer und nehme mit…Teil 6

Vor lauter Corona-schlechtes-Wetter-Wochenende-Langeweile gibt es heute gleich noch Teil 6.

Nun war ich also in der Republik Kongo und hoffte auf weitere Erlebnisse mit Gorillas & Co.. Das diese fünf Tage für mich mit zu den härtesten Tagen wurden lag eigentlich nur an zwei Dingen: Zu wenig Wasser, zu viel Thunfisch.

Und damit herzlich Willkommen bei den kongolesichen Thunfisch-Wochen!

Ich bin ja wirklich kein Mäkelheini oder echauffiere mich, wenn mir etwas anderes als Sterneküche vorgesetzt wird, insbesondere nicht, wenn ich gerade als Gast an einem der einsamsten Fleckchen Erde um Essen bitte. Aber fünf Tage Thunfisch aus der Dose zum Frühstück mit Dosenbrot, zum Mittag mit Nudeln und zum Abendbrot pur bringt mich an meine persönliche Thunfischgrenze. Ich war dermaßen in Öl eingelegt, dass ich bei jedem Gang in meine Hütte mehr schlitterte als lief. Ich rutschte nachts aus dem Bett und konnte nur dank des Moskitonetzes zurück auf die öligen Laken. Meine Haare sahen aus wie tief in der Puppertät und meine Haut hatte so etwas schuppiges. Okay, ich übertreibe vielleicht ein ganz kleines bisschen, aber die Thunfischgrenze war definitiv überschritten.

Eines steht jetzt fest, wegen mir wird nie wieder ein Delphin in einem Thunfischnetz verenden. Auch bin ich mittlerweile Fan von lebenden Thunfischen. Hauptsache nie wieder eine Thunfischdose, alles al tonno kann jetzt mal so richtig an meiner öligen Haut abperlen.

Es hätte mich ja versöhnlich gestimmt, wenn ich wenigstens genug zu trinken gehabt hätte. Aber nix da, denn in den fünf Tagen im Kongo durfte ich mit höchstens 5 Liter meinen Rachen benetzen. Bei tropischen Temperaturen und anstrengenden Wanderungen nur ein Tropfen auf meinen heißen Gaumen. Aber auf dieses Thema werde ich später noch weiter eingehen.

Die ersten zwei Tage verbrachten wir an der Mbeli-Bai und hier hatte ich bestimmt 3 der 5 Liter Wasser für mich, was gerade noch so ging, zumal es abends auch noch ein Bierchen gab. Hier verbrachten wir die beiden Tage wieder auf einem Forschungshochsitz an der Bai, also wieder einer riesigen Salzfläche, nur dieses Mal üppig mit Gras bewachsen. Der Weg zur Bai war nicht zu lang und damit auch körperlich nicht zu anstrengend. Dank des Regens der letzten Nacht hatte der Weg allerdings etwas von Woodstock im August ’69. Ich in meiner gekauften kurzen XXL Hose, die bis zu den Knöcheln ging, dem geborgten Hemd, dem fremden Schlüppi und meinen schicken Flipflops sah aus, als hätte man mich einmal durch den Schlamm gezogen um mich später zu panieren. Aber das störte mich mittlerweile nicht mehr die Bohne. Meine Mitreisenden sahen ja schließlich auch nicht viel besser aus, obwohl sie ja noch fast täglich frische Kleidung trugen.

Zwei Tage Hochsitz läuteten in den Thunfisch-Wochen die Chill-Tage ein, in denen genug Zeit blieb, den nächtlichen Schlaf nachzuholen, den mir die Killermäuse genommen hatten. Auch sollte man nicht reden, da das Wasser unser Quatschen sonst kilometerweit getragen hätte und kein Tier sich uns freiwillig zeigen würde. Und solche Schweigezeiten konnte ich mit meinen Reisegenossen total genießen, denn endlich mussten Sie mal ihre Klappe halten. Ich habe mich zurückgehalten über meine Mitreisenden zu schreiben, aber eines kann ich sagen: Ich war froh, dass ich jede Nacht alleine und einsam in meiner Hütte verbringen durfte. Das minderte meine „Ich-bin-alleine-Angst“ erheblich.

Und ich hatte nun endlich Zeit meine Postkarten zu schreiben. Doch was schreibt man da so?

“ Liebe Urlaubsgrüße aus dem Jungle sendet Euch Daniela. Hier ist alles ganz toll, tolles Wetter, tolle Leute, tolle Tiere, tolles Essen…“

Irgendwie wäre dies die Lüge des Jahres 2011 geworden und es hätte so gar nicht das widergespiegelt, was ich hier erlebt habe. Also schrieb ich lieber ausführlich mein Reisetagebuch weiter, ohne das mir hier schließlich einige Ideen für diesen Blog wohl gefehlt hätten. Da nach „müde“ bekanntlich direkt „blöd“ kommt, habe ich heute noch Spaß, wenn ich diese Zeilen lese.

Und eigentlich saßen wir ja auf dem Hochsitz um wieder schlürfende Elefanten zu beobachten und hofften auf das Entdecker-Glück, dass wir auch freilebende Gorillas sehen würden. Entgegen der Dzanga-Bai, war dies hier ein langes Warten. Ein Elefant kam ja gelegentlich im tiefen Gras vorbei, manchmal auch ganze Gruppen und diese dienten dann als Fotomotiv für ca. 1.000 Bilder in jeder Position, aber das Warten auf Gorillas zog sich ganz schön in die Länge.

Am ersten Tag fotografierte ich also etwas gelangweilt und verzweifelt noch alle Insekten die so meine Linse kreuzten. Natürlich ohne mich groß zu bewegen, denn das war an den Chill-Tagen nicht vorgesehen. Und ich beobachtete den Kreislauf der Natur, wenn so ein Schmetterling von einem Gecko erlegt wird, der Gecko dann aber beschließt, dass der Falter doch nur schmeckt wie das dritte Mal Thunfisch und die Ameisen ihre Chance wittern und alles ratzefatz aufessen. Die haben halt noch nie Thunfisch gegessen.

Aber an Tag zwei hatte ich dann das Späherglück auf meiner Seite und entdeckte tatsächlich meinen ersten freilebenden Gorilla. Das donnernde Brusttrommeln kündigte ihn auch hier an und dann mussten wir nur noch mit dem Fernrohr bewaffnet im Gras suchen. Und auch wenn ich hier nicht auf 5 Meter Entfernung direkt dran war und ihm direkt in die Augen sehen konnte, war es dennoch fast noch schöner als vorher mit den habituierten Gruppen. Es gibt also noch ein paar von ihnen und hier in der Umgebung können sie auch noch ganz frei und ungejagt leben. Ein wirklich schönes Gefühl. Entschuldigt bitte das Suchbild, aber erst wenn ich ein berühmter Blogger bin, kann ich mir ein riesiges Objektiv leisten.

Der einzelne Gorilla hieß übrigens Boris, benannt von einem russischen Primatenforscher. Hier hingen nämlich überall im Hochsitz Notizen von den Beobachtern und wer zuerst einen neuen Gorilla entdeckt, darf ihm halt einen Namen geben. Während ich mir also schon Namen für meine Erstentdeckung ausdachte, kam am anderen Ende der Bai tatsächlich noch eine ganze Gruppe von Gorillas aus dem Jungle. Um sie zu sehen, musste ich mich beinahe an einer Liane festhalten und den Mogli spielen. Ich war mittlerweile dermaßen eins mit der Natur, dass Boris mit mir eine neue Familie gegründet hätte, wenn nicht der Hochsitz zwischen uns gestanden hätte.

Zurück im Camp genossen wir noch ein kühles Bier und Thunfisch auf Pizzaboden. Gleichzeitig legte ich den heiligen Schwur auf das Leben meiner zukünftigen Kinder ab, dass ich nie wieder Thunfisch aus der Dose esse, wenn ich diesen Trip überlebe. Bier reicht doch eigentlich für eine vernünftige Ernährung aus, oder?

Da ich mittlerweile dank Mokorofahrt und der nach öl duftenden Haut aussah wie ein Moskito-Versuchs-Aufbau musste ich zu drastischen Mitteln greifen. Die Stiche wurden mit einer Zigarette ausgebrannt. Hilft übrigens wirklich, wenn mal gar nichts mehr geht. Nun sah ich zwar aus wie ein vielbenutzter Aschenbecher, aber das juckte mich gar nicht mehr.

Bevor wir durch den Jungle von Stelzenhaus zu Stelzenhaus uns eine gute Nacht zuriefen, gönnte ich mir mal wieder einen Song von meinem Handy und schaute mir die Beschreibung der Reiseagentur für den nächsten Tag an:

Transfer zum Forschungscamp Mondika, zunächst im Geländewagen, anschließend müssen noch ca. 3 h durch z.T. überschwemmten Regenwald zurückgelegt werden, wobei der Wasserstand bis zu 1m betragen kann.

Na das klang ja vielversprechend. Übersetzt hieß es, wir werden stundenlang, also mindestens 5 Stunden, durch tiefstes Wasser waten oder schwimmen um zum Camp zu kommen. Langsam finde ich Gorillas im Zoo auch wieder ausreichend interessant, weil man da nicht so einen schwere Anfahrt hat. Ich überprüfte also noch einmal mein üppiges Gepäck und fand rein gar nichts, was mir bei dieser Mission hätte helfen können.

Die ganze Zeit hoffte ich übrigens, dass ich außer den vielen Stichen in keine gesundheitlich prekäre Situation kommen würde. Denn ich hatte ja nichts. Meine gesamte Reiseapotheke, übrigens hervorragend bestückt, lag irgendwo in meiner gelbschwarzen Kraxe rum und wartete auf mich. Aber es gibt einen Schutzengel, denn mir ging es bisher gesundheitlich sehr gut. Meine Mitreisenden mit ihren voll ausgestatteten Reiseapotheken hatten gefährlich entzündete Stiche oder Schnitte von Dornen, Fieber, Übelkeit, oder, oder, oder. Ich hatte nichts, denn dafür hatte ich keinen Platz im Handgepäck.

Und nun standen 3 Tage Mondika-Camp vor mir mit einem Weg zum Ziel der grenzwertig war, zu wenig Wasser zum Trinken und zu viel Thunfisch zum Essen, aber einer weiteren Chance auf Gorillas und sehr lustigen Begegnungen im worldwideweb, die mein Mann wohl nie vergessen wird.

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