Ich packe meinen Koffer und nehme mit…Teil 7

Auf geht’s ins Mondika Camp zu den französischen Primatenforschern rund um die Flachlandgorillas der Republik Kongo. Da meine gelb-schwarze Kraxe ja immer noch ohne mich Urlaub machte, hatte ich wenigstens auf der anstrengenden Tagesetappe ins Camp nicht so viel zu schleppen. Hat alles so seine Vorteile.

Und so fuhren wir erst mit dem Mokoro zurück zur Straße und ich übte mich im Meditieren, damit ich nicht plötzlich dem Juckreiz nachgebe, versuche mich zu kratzen und dabei das Boot zum Kentern bringe, inklusive meiner lieben Mitreisenden. Mir stand der Schweiß auf der Stirn vor lauter Konzentration.

Danach auf der Strecke mit dem Jeep, genoss ich meinen Sitzplatz und stellte mir immer noch vor, wie ich mich kratze und juckte. Meditation für Fortgeschrittene. Denn angesichts der Tatsache, dass ich wusste, dass es dann durch tiefes Wasser ging, wäre dies nicht meine beste Idee gewesen. Denn das Wasser war ja schließlich kein Poolwasser, weder türkis noch gechlort, auch keine Kacheln drumherum. Also eher so lebendes Regenwaldwasser in rostbraun. Also kein Ort um mit offenen Wunden durchzuwaten. Da hätte nur geholfen auf Zehenspitzen zu gehen und den Hintern trocken zu halten. Aber ich traute ja nicht der prognostizierten Wassertiefe von einem Meter. Und zu behaupten das meine Beinchen an die von Julia Roberts ran kommen, wäre auch einer Lebenslüge gleich gekommen.

Als uns der Jeep am Eingang zum Jungle-Pfad ausworf, bekamen wir für die Wanderung noch Trinkwasser in die Hand gedrückt. Ein klitzekleines Fläschchen mit einem halben Liter Wasser für 3 Stunden bei 30 Grad + durch den Jungle. Super Idee! Sicherlich dachten die einheimischen Fahrer, die Bleichgesichter sollen sich nicht so haben und mal ein bissl Fluss nippen. Allerdings sind unsere Bleichgesichter-Mägen dafür nicht gemacht und soweit ich gelesen hatte, erwarteten uns Zelte und ein natürliches Loch für die Notdurft. Also keine gute Zeit für Experimente mit rostrotem, lebenden Wasser.

Der halbe Liter wurde also tropfenweise getrunken, während wir uns ständig an und auszogen, um durch das teils sehr tiefe Wasser zu waten. Auch Julia hätte einen nassen Popo bekommen.
Ich hatte von einem meiner Reisekumpane sogar ein paar Treckingsandalen bekommen. Das die Größe 46 mich aussehen ließ wie Clown Oleg auf Weltreise, hatte dabei zumindest einen gewissen Unterhaltungsfaktor. Und da ja auch das T-Shirt in XXL inklusive schickem Animaldruck war, passte es zumindest optisch zusammen. Wie gesagt, Jungle-Chick kann ich.

Leicht ausgedörrt, dafür in rostbraun kamen wir im Camp Mondika an und lernten gleich die französischen Forscher kennen, die irgendwie sogar nicht gesprächig waren. Gorillas reden ja nicht und bei der Beobachtung muss man immer die Klappe halten. Aber wir werden sie schon noch kommunikativ knacken und ihnen entlocken, was hier so aufregendes passiert.

Insgesamt gefiel mir das Camp. Okay ich hatte schon wieder die 5.-Rad-Am-Jeep-Karte gezogen und das Zelt mit der Matratze bekommen, während die anderen Betten hatten, aber ich hatte eine wunderbare Eimerdusche unter dem Jungle-Dach und genoss die Geräusche des Jungles.

Und manchmal gibt es halt auch Gerechtigkeit oder Karma, denn während meine Mitreisenden mittlerweile auf Antibiotikum in Hochdosierung waren, war ich ohne Jucken und Kratzen durch den Jungle gekommen und somit immer noch wundfrei. Für diesen nicht ganz Karmafreundlichen Gedanken, gab es am ersten Tag kein weiteres Trinken, dafür aber Thunfisch zum Mittag und Abendbrot. Langsam bekomme ich Flossen. Wobei so ausgetrocknet, wie wir mittlerweile waren, passt dieses Bild auch nicht ganz.

Aber Karma hin oder her, ich wurde am gleichen Tag noch Zeuge eines Wunders.
Den Nachmittag hatten wir zur freien Verfügung und da mir meine ruhigen Nächte bei meinen Mitreisenden manchmal nicht reichten, wir waren ja schließlich schon den halben Tag miteinander gewandert und ich hatte mich zuquatschen lassen, entschloss ich mich zu einem einsamen Camp-Rundgang auf der Suche nach einem Strahl Sonne, der es durch die Baumwipfel schaffte. Nicht mehr und nicht weniger wollte ich, doch ich fand ein Wunder.

Denn plötzlich öffnete sich vor mir eine Lichtung, was meinen ersten Wunsch, nämlich ein paar Sonnenstrahlen auf der Nase, schon einmal erfüllte. Aber es wurde besser. Mitten auf der Lichtung saß ein junger Mann auf einem Stuhl und hatte vor sich einen Tisch aufgebaut auf dem ein Laptop lag. Ratter, ratter, ratter, was könnte hier gerade vor sich gehen? Also schlich ich zu dem Franzosen, Bauch rein und Brust raus, setzte ein Lächeln auf und fragte in meinem besten Rest-Französisch:

„Comment ca va?“

Und erwartete ein:

„Comme ci, comme ci, comme ci, comme ca..“

Natürlich mit der entsprechenden Singstimme. Aber dies war wohl das fehlende Wasser in meinem Kopf und mit dieser Frage war mein Unterhaltungsspektrum auf Französisch somit auch schon erschöpft. Also war ich heil froh, als mir der Franzose ganz freiwillig in englisch antwortete und zurückfragte. Ich witterte meine Frage und erzählte etwas von wegen Koffer weg, harte Reisepassagen und Heimweh und dann fragte ich, was er denn hier so allein auf der Lichtung macht. Und ihr glaubt es nicht, er checkte seine Emails. Denn hier auf der Lichtung war der einzige Fleck, wo er mit seinem Satellitentelefon ausreichend Empfang für diese Mission hatte.

Vor lauter Freude über diese unerwartete Information, wollte ich ihn gleich umarmen und abknutschen, aber das hätte er sehr wahrscheinlich falsch verstanden. Also machte ich meine letzten nicht ausgetrockneten Gehirnzellen scharf und fragte ihn lieber, ob es manchmal möglich wäre, dass ich eine Email nach Hause zu meinem Liebsten schicken könnte. Die Umstände für diesen Wunsch hatte ich ja vorher schon erläutert. Und so kam es, dass ich tatsächlich eine Nachricht aus dem tiefsten Jungle des Kongo nach Hause schicken konnte. Ich kam mit vor wie ET mit glühendem Finger.

Allerdings gab es ein klitzekleines Problem, bzw. gleich mehrere. Aufgrund der nicht gerade stabilen Internetverbindung sollte ich gleich von dem Account vom französischen Internetgott schreiben. Nun fragte ich mich natürlich, ob diese Email nicht direkt bei Swen in den Spam-Papierkorb verschwindet und ET umsonst einen glühenden Finger in die Luft hält.
Zweites Problem: sein Computerequipment passte perfekt in den Jungle, war aber halt überhaupt nicht praktisch. Er arbeitete nämlich mit zwei Tastaturen, wobei jeweils nur jede zweite Taste funktionierte. Bei der einen Tastatur die linke Seite, bei der anderen die rechte Seite. Und ich wie gesagt aufgeregt wie ET auf Thunfisch. Also schrieb ich irgendetwas wirres wie:

„Hallo atz, mir gut, gedeck noch icht da, gorillas fantastic..“

Das ich nach dieser Nachricht noch von ihm geheiratet wurde, gleicht einem weiteren Wunder. Aber daran wollte ich hier keine Gedanken verschwenden. Denn als ich den ET-Finger auf den Button „envoyer“ drückte, war ich der glücklichste Mensch im ganzen Kongo. Der Senden-Balken erhöhte noch etwas meinen Puls, da ich befürchtete dass ich die Nachricht persönlich schneller nach Hause getragen hätte. Aber sie ging raus und ab jetzt konnte kommen was wolle, ich war einfach nur happy.

Okay, das mit dem „komme was wolle“ hätte ich mal nicht zu laut schreiben sollen, aber dazu mehr im nächsten Teil.

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