11. August 2023 – Some days are better than others

Um es gleich vorweg zu nehmen, dieser Tag war definitiv „better“, vor allem Richtung Ende des Tages. Doch fangen wir mal da an, wo unsere Planung anfing und dann das reale Leben dazwischen kam. Also geplant waren im besten Fall 19 km Wanderung über die Burren entlang der Küste, immer das Meer im Blick. Wir fuhren nach Fanore und fanden einen Parkplatz am Strand. Da kein Strand von uns wegen einer Wanderroute links liegen gelassen wird, ging es also als erstes an den Strand. Wild war er, mit ordentlich Wind und einem natürlichen Sandpeeling in Höhe der Knöchel. Die Wellen waren schon riesig und während wir mit Mütze, und dicker Jacke hier lang liefen, gingen andere baden. Da das Wasser eine ähnliche Temperatur wie die Luft hat, ist das vielleicht gar keine so schlechte Idee. Deshalb schlossen wir todesmutig einen Pakt, am Sonntag geht es für uns baden. Ich friere zwar jetzt schon, wenn ich an das Gefühl denke, aus dem Wasser zu kommen und die steife Briese zu spüren, aber Rudelverhalten und ein geschlossener Pakt sind halt verpflichtend.

Wir genossen dann den Strand bis zum Ende der Dünen und fanden auch dort den Weg zurück zum eigentlichen Wanderweg. Nun ging es am Hügel entlang Richtung Norden. Überall waren Steinmauern in einer Perfektion gestapelt, dass man nur staunen konnte. Hier müssen sehr geduldige, sehr fleissige Steinstapler über Jahre am Werk gewesen sein. Bei jeder Mauer fragte ich mich: „Wie bekommen die das so gut hin?“. Ich würde scheinbar für einen Meter Mauer eine Woche brauchen und dann kommt der erste Hauch eines Küstenwindes und bläst mein Mäuerchen wieder um. Kein Beruf für mein Leben hier auf der Insel, da muss ich noch etwas besseres finden. Schriftsteller?

Wie gesagt, eigentlich war eine Rundwanderung geplant von 19 Kilometern, wobei wir uns offen gehalten hatten, jederzeit umkehren zu können, falls das Wetter umschlägt. Dies hätte ich wohl nicht laut aussprechen sollen. Denn Swen informierte uns, dass seine Wetterapp behauptete, es zieht ein Gewitter auf. Und da wir uns an einem Berg ohne jegliche Bäume befanden, wies er uns auf Risiken und Nebenwirkungen des Gewitters hin. Hatte er es denn immer noch nicht verstanden? Die einzig funktionierende Wettervorhersage ist die Auswahl unserer Schuhe. Und wir hatten alle die Gutes-Wetter-Schuhe an. Was sollte also schief gehen?
Okay vom Meer her wurde der Wind immer stärker und hinter uns die Wolken immer dunkler, aber wir hatten doch unsere Schuhe. Naja, irgendwann war Swen so penetrant in seiner Weltuntergangsstimmung, dass wir doch murrend umkehrten. So wurden aus 19 km gerade mal 6 Kilometer. Und als wir wieder an die Straße kamen, musste Swen zugeben, dass es immer noch nicht regnete und sein schlechtes Gewissen mindestens die Ausmaße eine gefüllten Guinness-Fasses hatte.

Ich kann ja in solchen Momenten ein richtig stänkeriges Miestvieh werden, sodass in jedem Satz von mir vorkam, dass es ja immer noch nicht gewitterte. Aber was soll’s, dann machen wir aus der Not eine Tugend. Und so entdeckten wir am Straßenrand die uns schon ständig begleitenden Brombeerbüsche und wurden zeitgleich zum Verkehrshindernis. Einmal mit Kosten angefangen, kann man nicht mehr aufhören. Jetzt wäre eine bzw. vier Warnwesten gut. Das die Straßen hier recht schmal sind hatte ich ja bereits erwähnt. Hinzu kam, dass wir uns auf dem Wild Atlantic Way befanden und somit auch ganze Reisegruppen in Bussen unterwegs waren, neben Traktoren und sonstigen überbreiten Fahrzeugen. Mit uns am Straßenrand wurde die Strecke quasi einspurig, aber die Brombeeren haben gigantisch lecker geschmeckt und da interessiert uns doch kein Hupen oder Drängeln von Autofahrern.

Als wir am Auto mit lila Händen und Mundwinkeln ankamen hatte Swen’s schlechtes Gewissen mittlerweile die Ausmaße eines Reisebusses erreicht und erfuhr dann doch schlagartig Erleichterung als es fünf Meter vor dem Auto endlich anfing mit regnen. Und jetzt wurde er zum Stänkerer:

„Stellt euch nur mal vor, wie nass wir jetzt wären, wenn wir noch oben wandern müssten!“

Da es nun regnete, also ganz leicht nieselte (Anmerkung des Korrekturlesers: „Es schüttete, wie aus Eimern „), wurde es Zeit für eine Plananpassung und wir fuhren zur Aillwee Cave, einer angepriesenen Tropfsteinhöhle. Da drin sollte es zwar kalt sein, aber wenigstens regenfrei. Die Höhle geht 1 km in den Berg und hat neben der Höhle auch noch einen Greifvogelpark zu bieten und eine Käserei. Zusammenhänge zwischen diesen drei völlig artfremden Aktivitäten leuchten mir nicht ein, aber irgendeinen Grund wird es schon haben, dass man vor der Höhle Käse kosten muss und ein paar Vögeln bei der Flugshow zusehen kann.
Die Höhle selbst war mit ewig langen Gängen und einem unterirdischen Wasserfall recht sehenswert, aber so richtig hat sie uns nicht von den Socken gehauen. Ich war mal wieder der klassische Bummelletzte bzw. Zu-Spät-Aufrücker und konnte so wenigstens etwas fotografieren.

Danach stand eigentlich, und ich betone eigentlich, nur noch die Heimfahrt an. Ein kurzer Stop in Lisdoonvarna zum Auffüllen unserer Essensvorräte musste nur noch sein. Da sich Swen’s Gewitter ohne Blitz und Donner inzwischen verzogen hatte, kamen hier und da ein paar Flecken blauen Himmels durch und so setzte ich meinen treudoofen Dackelblick auf und bettelte förmlich darum, dass wir den Heimweg nicht über die schnelle Landstraße, sondern über die langsamere Küstenstraße antreten. Betteln und nerven kann ich ja. Und so gab sich Swen geschlagen. Seine beste Entscheidung des Tages, um noch ein letztes Mal den sinnlosen Abbruch der Wanderung zu erwähnen.

Kaum erreichten wir die Küste machten wir am ersten sich bietenden Parkplatz halt und stiegen aus. Und sofort haute es uns mit einem „WAHNSINN!!!!“ förmlich um. Wir befanden uns an einem Küstenabschnitt mit Klippen in der Höhe eine Mehrfamilienhauses, so um die 20-30 Meter. Und die Wellen peitschten hier an allen Stellen so stark ran, dass sie über diese Klippen hinaus spritzen. Der Wind hatte nämlich mittlerweile so zugenommen, dass das Meer einer ordentlichen Waschmaschine im Schleudergang glich. Also Regenjacke anziehen. Fotoapparat bereithalten und vor zu den Klippen.
Ein einfach unglaubliches kraftvolles Schauspiel. Wir hätten stundenlang jeder einzelnen Welle zuschauen können, wie sie an den Klippen bricht. Die Geräusche waren unglaublich. Da mittlerweile ja die Sonne rauskam, fingen sich sogar Regenbogen in der Gischt. Mein Fotoapparat machte Überstunden und wir wollten gar nicht wieder weg.

Letztendlich wurden wir aber verjagt. Wir hatten uns an einer Klippe einfach etwas strategisch ungünstig aufgestellt und die sich brechenden Wellen beobachtet. Was wir in unserer Faszination nicht beachtet hatten, war in diesem Fall die Windrichtung, denn wir standen im Wind und die Klippe war vor uns. Als die zwei größten Wellen es schafften, höher als die Klippe zu brechen, schütteten sich plötzlich ganze Eimer voller Wasser auf einmal über uns aus. Unseren Pakt Baden zu gehen haben wir somit eigentlich schon erfüllt. Und wir bereuen es kein bisschen. Es war das tollste Erlebnis des ganzen Tages. Doch nun hieß es, nur noch schnell ins trockene Heim fahren und alle hatten sich eine heiße Wanne oder Dusche redlich verdient. Und jetzt lachen wir immer noch über die Video’s.

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