Der vorletzte Unterkunftswechsel stand heute an und fühlt sich schon an wie der letzte. Ich hasse diese Phase des Urlaubs, wenn der Alltag wieder vor der Türe steht und bedrohlich wirkt mit all seinen Pflichten, Regeln und Terminen. Aber noch sind wir hier und so hieß es Richtung Landesinneres fahren. Genauer gesagt, haben wir uns den längsten Fluss von Irland, den Shannon vorgenommen, inklusive der vielen Seen, die seinen Weg bereichern. Und wenn wir Wasser hören und gleichzeitig gutes Wetter angesagt ist, verbinden das unsere Gehirne zu einem Tag auf dem Wasser. Also schnell ein kleines elektrisches Motorboot für den Nachmittag ausgeliehen. Und ab ging es nach Garrick on Shannon einer Stadt am Fluss, wie der Name unschwer vermuten lässt.
Nach den ewig langen und langsamen Strecken der Küste entlang, ging die Fahrt ins Landesinnere dank ausgebauter Straßen in ausreichender Breite und ohne unnötige Fotostopps recht schnell. So waren wir bereits vor dem Mittag in Garrick und hatten noch genügend Zeit, die Stadt zu erkunden. Ein süßes, kleines Städtchen, dass mal wieder das Klischee aufrecht erhält, dass es pro Einwohner mindestens ein Pub gibt. Und jedes ist so schön herausgeputzt, dass man das bierlastige Innere draußen gar nicht erahnen kann. Zu diesem Klischee kam auch hier noch der typische Straßenkünstler mit Gitarre. In irgendeiner Stadt, ich weiß nicht mehr welche, standen mal drei Herren höheren Alters am Straßenrand, mit dem Hinweis, dass sie sich mitten in ihrer Midlifecrisis befinden und deshalb nun als Straßenkünstler unterwegs sind. Vielleicht ist das ja eine Perspektive. Könnte ich nur singen, ohne, dass selbst die Tauben sich in den Tod stürzen.
Neben den vielen Kneipen gab es hier auch eine Minikapelle, die ein Ehemann eigens für seine verstorbene Frau erbaut hatte. Nur um hier den Rest seines Lebens ihr huldigen zu können. Ich bin zwar noch nicht bereit zu gehen, aber so eine Kapelle, lieber Swen, wäre schon nett. Kannst ja mal in die Grundplanung gehen und ich gebe dann meinen Segen.
Irgendwann waren wir bereit für unser Boot. Bei tropischen Temperaturen, für irische Verhältnisse, waren wir ready für unsere Fahrt ohne meterhohe Wellen und stürmischen Wind. Wir waren sogar alle bereit, in den Fluss zu springen und hatten deshalb unsere Badesachen griffbereit. Allerdings fehlten uns Handtücher, die in jeder Unterkunft bisher inklusive waren. Und da wir keine diebischen Elstern sind, machten wir uns nun einen Kopf, woher Handtücher nehmen. Also rannten Swen und ich nochmals los und fanden tatsächlich eine kleine Auswahl in einem Haushaltwarengeschäft. Entweder zwei Gästehandtücher, die schwer für uns reichen würden, oder ein Hundehandtuch, oder zwei wirklich hässliche Badehandtücher mit Goldborde. Wir entschieden uns für die hässliche Variante und waren so bereit, wie es nur irgend ging.
Nach einer kurzen Einführung von fünf Minuten hatten wir unseren Bootsführerschein. Wir haben nur die Hälfte verstanden, aber was soll auf solch einem breiten Fluss schon schief gehen. Das wichtigste haben wir verstanden, wenn wir es auch nicht wirklich verstehen. Auf dem Fluss ist wieder Rechtsverkehr und das brachte unser Verkehrstechnisches Verständnis an die Grenzen. Aber eigentlich war unsere Devise ja eh nur, dem Gegenverkehr ausweichen, egal ob links oder rechts.
Also wurden wir zum Kapitän und fuhren auf dem Shannon entlang. Wir hatten uns für eine Tour in den See Drumharlow entschieden, die Sonne schien, es wehte nur eine leichte Briese und nichts konnte schief gehen. So durften auf dem Fluss auch mal alle von uns den Kapitän spielen. Georg konnte es kaum abwarten und er war ein guter Kapitän. Auf dem See war dann auch Pini dran und drehte als erstes mal ein paar Pirouetten. Auch das haben wir überlebt. Doch gleich danach ging plötzlich gar nichts mehr. Wir streiten immer noch, ob sich was in den Motor verfangen hatte, oder ob einfach der Gegenwind so stark war, dass unser Motor schlapp machte. Fakt war jedenfalls, dass wir uns gefühlt keinen Meter bzw. keine Delphinlänge mehr bewegten, während alle anderen Boote an uns vorbei zogen. Allerdings muss man wirklich erwähnen, dass vom gelobten Sonnenschein und der Windstille nichts mehr übrig war. Der Himmel war dunkel bewölkt, der Wind kam konstant von vorne und die Temperaturen waren flöten gegangen. Inzwischen hatten wir statt uns in die Badeklamotten zu schmeißen, alles angezogen, was wir mithatten, inklusive der Badehandtücher und hofften nur noch, uns auch nur einen Meter Richtung Hafen bewegen zu können.
Wir sahen uns schon im Schlepptau zu einem der großen Boote und waren kurz davor, ein Signalfeuer abzusenden. Aber irgendwie schafften wir diese Windtaufe und kämpften uns im Schneckentempo zurück auf den Fluss. Ab da konnte man zumindest erahnen, dass wir uns überhaupt bewegten und so schafften wir es auch rechtzeitig im Hafen anzukommen. Wir waren zwar erfroren, aber überglücklich, unsere erste alleinige Bootsfahrt überstanden zu haben. Jetzt sind wir bereit. Wenn ein Kreuzfahrtschiff in der Größe der Queen Mary eine Kapitäns-Familie sucht, wir sind bereit.
Danach ging es dann zum Aufwärmen ins Auto und dann in unsere neue Unterkunft. Dieses Mal sind wir wirklich Untermieter in einer echten Wohnung. Bei den vielen, im Haus verteilten Familienbildern bin ich bestimmt noch Stunden damit beschäftigt, herauszufinden, wer zu wem gehört. Bei jeder Tasse, die ich nutze oder wenn ich mich auf das Bett lege, frage ich mich, wer war hier vorher. Ich bin mir nicht sicher, ob ich die von mir genutzten Räume auch so teilen würde. Aber ich bin dankbar, dass es hier die Eigentümer machen. So sitzen wir hier in einer schönen Unterkunft, direkt an einem kleinen Hafen und haben alle Bequemlichkeiten, die wir zu Hause auch hätten. Plus der Herztabletten und der verschlossenen Schränke.



























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