Ich bin mir sicher, dass mich nun einige von Euch für bekloppt erklären werden. Aber es ist, wie wenn man vom Pferd abgeworfen wurde: Man muss wieder reiten. Oder einen Autounfall hatte, man muss wieder fahren. Oder eine Magenverstimmung hatte, man muss wieder essen. Und letztendlich als wenn man einen Kater hatte, man kann wieder trinken;). Und deshalb bin ich heute einen Wasserfall runtergesprungen.
Wir hatten für heute ein Canyoning im Parque Natural da Ribeira dos Caldeirões gebucht und durften daher früh aufstehen. Inzwischen haben meine Blutergüsse die Größe von Melonen und die Farbe von Auberginen bzw. einer schönen farblichen Zusammenstellung eines Hortensienstrauches hier am Wegesrand.
Doch all das ist noch kein Grund, das Canyoning direkt abzuwählen. Schließlich muss man sich seinen Ängsten stellen und schauen, wie man wieder schöne Erinnerungen schafft. Auch für Georg wollte ich die Ängste nicht übermenschlich werden lassen. Also raus aus der Komfortzone und rein in den Neoprenanzug. Das wiederum war der Teil, den meine blauen Flecken so gar nicht wollten. Viel zu viel Kontakt zu Stoff und gefühlter Druck von Tonnen, der auf ihnen lastet. Aber irgendwie mit Hilfe aller Familienmitglieder kam ich in diesen körperbetonten Anzug, der so gar keine Problemzone kaschiert. Wäre es slimware gewesen, würde ich wenigstens noch schlank und gut geformt aussehen. Aber so ähnelten wir zwei Presswürsten mit ihren schlanken Kindern. Aber es ging ja nicht um einen Schönheitswettbewerb, sondern um körperliche Action.
Der Park Natural ist übrigens wunder-, wunderschön. Überall fallen die Wasserfälle und die Pflanzen blühen in allen Farben und vor allem in allen Größen. Fantastisch. Das lenkte mich aber auch ordentlich ab, auf dem Weg entgegen dem Wasserlauf. Einen Teil hatte ich nämlich ignoriert, wer von oben runter will, muss vorher hoch. Und so stiegen wir in unseren viel zu engen Neoprenanzügen den Berg hinauf und japsten was das Zeug hielt. Ich glaube, zwischen Haut und Neopren bildete sich mittlerweile ein eigenes Biotop und ich verband damit die Hoffnung, dass ich am Ende des Vormittags ca. 5 Kilo leichter aus dem Anzug flutsche.
Irgendwann kamen wir am Startpunkt an und es hieß: „Are you ready?“. Nö! Aber wen interessiert’s, wenn alle „Yippie“ rufen. Also hingen wir uns, einer nach dem anderen, an eine Zipline über den ersten Wasserfall hinweg. Der Einstieg war ja noch leicht. Wir waren am Seil gesichert und unten empfing uns ein Guide mit offenen Armen. Danach kam dann die Rutsche. Auf dem Rücken ging es 5 Meter einen weiteren Wasserfalls hinunter. Während ich jeweils das Für und Wider mit meinen blauen Flecken ausdiskutierte, hatten Georg, Pini und Swen einfach nur Spaß. Ohne zu zögern stürzten sie sich in die Tiefe und genossen das kühle Bad im Becken. Als nächstes kam meine persönliche Herausforderung, der Sprung vom Wasserfall. Und mit der Angst im Rücken, ist es gar nicht so leicht, diesen einen Schritt nach vorn zu machen. Da hilft natürlich auch nicht, wenn der Guide fragt: „Are you nervous?“. Du mit einem klaren „Yes“ antwortest und er entgegnet: „Me too“. Aber ich habe es geschafft und kaum Wasser geschluckt und vor allem bin ich weich gelandet. Das kühle Wasser empfanden meine blauen Flecken tatsächlich auch als Wohltat.
Und so zogen wir von Wasserfall zu Wasserfall, von Wasserbecken zu Wasserbecken. Und es hat richtig Spaß gemacht. Ganz unten angekommen kam die größte Herausforderung: ein Sprung aus 6 m Höhe in das Flussbecken. Während tatsächlich mein Sohnemann ohne zu zögern sprang, stand ich da oben und reduzierte meine Sprunghöhe auf 5,50 m. Nur ein mentaler Unterschied, der mich nicht als Angsthasen dastehen ließ. Und ich sprang und ich schrie und ich war stolz auf mich.
Kaum hatten wir mit schweren Baumaschinen das Ausziehen der Neoprenanzüge geschafft, kam das nächste Wasser, nämlich von oben. Es regnete und durchquerte somit unseren Plan, diesen wunderschönen Park mal trockenen Fusses mit einem Fotoapparat in der Hand zu durchqueren. Also ab in das anliegende Café und schnell mal die Koffeinvorräte aufgefüllt. Das war die perfekte Überbrückung, die ausreichte für den Regen. Danach konnten wir noch die Pflanzenwelt genießen und ich konnte meine Langzeitbelichtungen am Wasserfall perfektionieren. Zumindest so lange, bis mir Swen einen warnenden Blick zuwarf, der mehr sagte als tausend Worte.
Weiter ging es an der Küste entlang und einige Fotostops wurden mitgenommen. Und davon gibt es hier wirklich reichlich. Ich kann gar nicht all das Wunderschöne hier aufzählen. Aber wir hatten noch ein kleines und ein großes Ziel geplant und so hielten wir bei Cha Gorreana, einer Teeplantage im Norden der Insel. Nicht dass wir bekennende Tee-Gourmets sind, aber die Mehrheit von uns hatte Tee bisher nur im Beutel gesehen und noch nie auf einer Plantage. Außerdem mussten wir doch endlich mal unsere Drohne ausfliegen lassen und so eine Teeplantage bietet dafür die ideale Grundlage. Bisher hatte unser Dröhnchen nämlich Flugangst. Entweder durften wir nicht, oder es windete zu stark oder der Akku war alle, oder, oder, oder. Aber nun, auf der Teeplantage durfte sich unsere Drohne ganze fünf Minuten austoben. Dann war schon wieder der Moment des Glanzes vorbei. Aber wir haben erste Videos und Fotos. Also bin ich optimistisch, dass es der perfekte Start für eine tolle Karriere unseres Dröhnchens war.
Und dann kam das nächste Highlight unseres wunderschönen Tages und es hatte schon wieder mit Wasser zu tun. Wir hatten uns einen Slot in den Thermalquellen der Caldeira Velha gebucht und zogen nun mit Badesachen und Handtüchern los. Was uns hier erwarten würde war uns nur in Ansätzen bewusst. Als wir ankamen entdeckten wir zuerst diesen unglaublich schönen Dschungel, voller Riesenfarne, Palmen und Hortensien. Und da waren sie, die ersten Becken mitten im Dschungel mit dem trüben Nass. Der erste Fuss wurde reingesteckt in diese heißen Quellen und sofort lächelten wir vier uns an. Hier würde unser Tag einen würdigen Wasserabschluss finden. So herrlich chillig. Über 30 Grad waren es in den ersten Becken und wir fühlten uns so wohl. Dazu regnete es ganz leicht von oben und das machte eine ganz besondere Stimmung. Weiter oben am Berg befindet sich dann noch ein Becken mit Wasserfall und selbst dieses hatte 28 Grad und war somit durchaus bebadbar, mal von dem Fotomotiv abgesehen. Eines der Becken schaffte sogar die 100 Grad und blubberte vor sich hin. Ich brauch nicht erwähnen, dass dieses natürlich für den Badeverkehr gesperrt war, aber es machte uns klar, dass wir dringend etwas wie gekochte Nudeln essen sollten.
Also zogen wir uns wieder an und fuhren zum nächsten Supermarkt, um mit Hunger im Magen für eine ganze Mannschaft einzukaufen. Tja und jetzt schauen wir tatsächlich auf den Azoren das Viertelfinale der Deutschen Nationalmannschaft. Dann hoffen wir mal, dass der Abend ein runder wird.









































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