Inzwischen haben wir schon festgestellt, dass eine Woche auf Sao Miguel nicht ausreicht. Das eröffnet uns aber ungeahnte Möglichkeiten für eine Wiederkehr bzw. Einwanderung. Der Grund und Boden für den erträumten Hausbau wurde schon entdeckt und uns gefällt einfach alles hier. Das Haar in der Suppe ist offensichtlich entweder weggeschwommen oder einfach nicht da. Es sind die vielen Kleinigkeiten, die diese Insel so toll machen. Und ich bin schon gespannt auf Pico, Fajal und Terceira.
Für heute war allerdings nochmal Sao Miguel und genauer gesagt der feurige Osten angedacht. Also fuhren wir im Süden immer über die Dorfstraßen die Küste entlang. Hier habe ich trotz meterhoher Hortensienhecken nicht das Problem der fehlenden Viewpoints, denn es gibt reichlich. Hinzu kommen noch sehr viele Picknickplätze, die auch an den schönsten Aussichtspunkten unter dem dichten Baumdach errichtet wurden. Und das sind nicht nur schöne Picknickplätze, nein, teils sind sie wie Parkanlagen angelegt, haben Grillmöglichkeiten, Toiletten und Wasseranschluss. Das ermöglicht zwar romantischen einheimischen Jünglingen in der ersten Phase der Verliebtheit garantiert einschlägige Eindrücke bei ihren Liebsten. Schließlich reicht so ein Platz, ein kühles Getränk und etwas zum Grillen für maximale Romantik schon aus. Aber für uns bedeutet es, dass wir mehr aus dem Auto aussteigen, als zu fahren. Ständig diese tollen Ausblicke über die üppige Natur, fürchterlich.
Aber irgendwann, nach furchtbar steilen Bergstraßen im 1. Gang, schafften wir es an den Lagoa de Furnas und nahmen uns die Seeumrundung vor. Bei Nieselwetter marschierten wir los und hofften auf eine leichte Wetterbesserung, die hier schließlich alle 5 Minuten einsetzen kann. Nach den ersten fünfhundert Metern stand am Wegesrand ein Verkaufsstand für Pina Colada. Genau wie in Lissabon direkt aus der Frucht. Allerdings war es selbst für unsere Verhältnisse noch etwas früh für einen Cocktail und ich bezweifele, dass ich es um den See schaffen würde, mit Schirmchen zwischen den Zähnen klemmend.
Die Natur hier ist absolut beeindruckend. Schaut man Richtung See, sieht man bemooste Bäume und eine Atmosphäre, wie auf 2000 Meter Höhe im Gebirge. Dreht man sich um, steht man vor einer Wand aus 8 Meter hohem Bambus und vor lauter blühenden Hortensien, was sonst. Bei der Wanderung um den See lernten wir mal wieder die freundlichen Insulaner kennen. Auf viertelster Strecke der Umrundung befand sich in der Mitte vom Nirgendwo ein Kletterwald, zwischen den ewig hohen Bäumen. Ich wollte zwar nicht klettern, aber ich brauchte dringend eine Pause und einen Kaffee. Also angehalten und gefragt. Für 1€ bekommen wir natürlich einen Kaffee von der guten Frau. Und da wir etwas Trinkgeld gaben, wurde aus dem einfachen Kaffee gleich ein doppelter, inklusive einer Schale Kekse für die Kids. Und das, obwohl wir nicht mal das Klettern gebucht haben. Das nenne ich Gastfreundschaft.
Gestärkt von einer ordentlichen Dosis Koffein ging es weiter um den See. Und plötzlich befanden wir uns in Mordor bei den Fumarolas. Hier ist die thermische Erdaktivität so hoch, dass die Insulaner und die Köche der Region diese als Herdplatte nutzen. Neben großen schwefelig dampfenden Erdlöchern werden kleinere Löcher genutzt, um dort slow-cooking zu praktizieren. Für ca. 12-24 Stunden werden in diese Löcher Töpfe mit Gulaschzutaten abgesenkt und nach dieser Zeit gar und zart aus der Tiefe geholt. Wir hatten das Glück, dass gleich mehrere ihr Essen abholten und wir so dem Treiben zuschauen konnten. Das machte uns natürlich neugierig und so buchten wir uns gleich daneben, allerdings in einer geruchsneutralen Umgebung, für einen Vulkansnack ein. Es gab hartgekochte Eier und einen Gulasch für uns und ich kann nur sagen, es war so lecker und reichlich. Von einem Teller Gulasch und drei Eiern wurden wir zu viert satt und hatten nun dicke Bäuche für die nächste Aktivität.
Gleich neben den Kochnischen im Erdboden befindet sich der Parque de Grená, ein lohnender Garten durch den Uhrwald. Und so ging es rauf und runter von einem Wasserfall zum nächsten. Dazwischen hingen dann lustige Schaukeln an umgefallenen Bäumen oder Klein Auenland wurde nachgestellt. Und auch hier konnte man warm baden, wenn man vom Wandern zu geschafft war. So viel zu entdecken und erkunden. Nur mit den Aussichten auf den See hatten wir noch immer kein Glück, da es noch regnete. Doch kaum verließen wir den Park und das schützende Blätterdach der Riesenfarne hörte es auch schon auf.
Da der See gleich neben den thermischen Löchern liegt, war nun unsere Neugierde geweckt, wie warm denn dann der See wohl ist. Schließlich sind es nur 50 Meter dazwischen. Und tatsächlich, das Ufer an dieser Seite konnte locker mit einer heißen Badewanne mithalten. An einigen Stellen durften wir auch nicht zu tief mit den Fingern im Sand buddeln, denn es wurde schlicht zu heiß. Das ist gruselig und faszinierend zugleich. Natürlich haben wir uns erstmal alle den Finger verbrannt, bevor wir daraus gelernt haben. Aber manchmal sticht einfach die Neugierde die Logik und so muss man seine Erfahrungen halt machen.
Auf dem Rückweg zum Auto genossen wir noch das immer besser werdende Wetter und wunderten uns, dass hier so viele Häuser zu verkaufen sind. Ich schätze, entweder weigern sich die Versicherungen, das Ganze gegen Elementarschäden zu versichern oder die Verkäufer wissen etwas, was wir Touris noch nicht wissen dürfen. Steht etwa doch wieder ein Vulkanausbruch bevor? Ich meine, ansonsten wäre das hier doch eine perfekte Wohnlage. Erdwärme gibt es gratis, einen Gasanschluss für den Herd braucht man auch nicht und für’s warme Bad gehe ich einfach nur in den See. Allerdings muss auch ich zugeben, dass es mich verunsichert hat, dass an manchen Uferpassagen das Wasser Bläschen schlug. Es waren zwar keine Blasen von kochendem Wasser, aber irgendetwas brodelt hier und will raus. Ich schätze, ich schaue mich nochmal nach einem anderen Grundstück um. Einen Tag haben wir ja noch auf der Insel.
Am Parkplatz gab es dann noch eine Laufbelohnung von meinem Mann. Eine Pina Colada in der Ananas to go und eine Virgin Colada für die Kinder. Motivation kann er echt. Damit war ich direkt noch bereit an dem ein oder anderen Viewpoint, oder wie wir es hier nennen: Miradouro, auszusteigen. Allerdings die Idee meines Mannes, bei vollständiger Wolkendecke auf den Pico hochzufahren, nur weil die Straßensperrung nach 19 Uhr nun aufgehoben war, halte ich immer noch für eine fragwürdige. Die Sichtweite betrug max. 5 Meter und von Lagoa oder Aussicht waren wir weit entfernt. Das Einzige, dass wir sahen, waren ein paar verirrte Möwen und andere Männer mit ähnlichen Ideen. Irgendwie auch beruhigend, dass es noch andere Bekloppte gibt.






























































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