Und wieder steht ein perfekter Tag auf einer perfekten kleinen Insel an. Mit einer Erkältung im Nacken, ich bin wohl zu oft Wasserfälle gesprungen, starten wir in einen Wandertag in das Innere des Landes. Doch bevor es los geht, verbummeln wir mal so richtig den Vormittag und können uns nicht von der Aussicht trennen. Dafür bekommen wir Besuch. Zuerst eine Katze, die Kuscheleinheiten sucht und dann ein Hund der uns eher schüchtern beäugt. Als er jedoch japsend und durstig bei uns auf der Terrasse in den Blumenkübeln nach Wasser sucht, mach ich den Wasserlieferanten. Daraufhin waren wir dicke Freunde und kuschelten. So schnell gewinnt man hier also Freunde.
Unser heutiges Ziel, der Vulkankrater Caldeira will förmlich von uns umrundet werden. Das Wetter ist mit einem Sonnen-Wolken-Mix gut, aber nicht zu gut und vor allem nicht zu heiß. Also auf in die geographische Mitte der Insel. Hier auf Faial ist man ja tendenziell weit entfernt von jeglichem Massentourismus. In der Regel fühlt man sich wie einer von Wenigen und das ist auch gut so. Selbst an solch vielgelobten Tourismus-Zielen, wie gestern am Vulkan, steht der eigene Mietwagen nur zwischen so 20 weiteren und man muss nie befürchten, dass sich eine Schlange bildet. Das ist ein herrliches entspanntes Gefühl. Ich liebe deshalb besonders die Fahrten über die Inseln, denn nie sind die Straßen voll. Wenn ich also mal spontan anhalten möchte, um ein Foto zu schießen (völlig realistisch), dann hält Swen an und ich darf aussteigen. Nur weil garantiert oder zumindest mit hoher Wahrscheinlichkeit in den nächsten Minuten kein weiteres Auto kommt. Ein Paradies für Fotostopper wie mich.
Wir fuhren also mit gelegentlichen Stopps hoch auf die Caldeira und genossen die Fahrt durch meterhohe Hortensienmauern links und rechts von der Straße. Ein absolutes Träumchen, auch wenn teilweise die Blüte schon durch war, bzw. erst bevor stand. Oben angekommen erstreckte sich vor uns der riesige Krater der Caldeira und zeigte nochmal deutlich, wieviel Kraft hinter einem Vulkan stecken kann. Wir machten uns auf den Weg, den Kraterrand der Caldeira zu umrunden. Als erstes entdeckte ich am Wegesrand winzig kleine Walderdbeeren, wie wir sie von zuhause aus kennen. Und sie schmecken auch genauso gut. Auch wenn Swen mobte, dass ich mir nicht den Magen verderben soll, mit diesen wilden, ungesunden Früchten am Wegesrand, hab ich einfach mal eine genascht. Hier auf den Azoren gibt es nämlich gar keine Füchse oder ähnliches, die mir mit Fuchsbandwurm und Co den Genuss verderben könnten, Nein, hier habe ich es mit völlig unberührter Natur zu tun. Maximal ein Gassi gehender Hund könnte mir hier den Appetit verderben und ich bin Optimist genug, dass ich nicht denke, dass er nun genau an meiner Erdbeere hier oben auf dem Kraterrand seine Markierungsarbeiten erledigt hat.
Auf dem Weg rechts um den Krater mussten wir das erste Drittel in der Vollsonne absolvieren und ich muss sagen: Leute packt euch reichlich Trinken, Sonnenschutz und einen Hut für diese Wanderung ein. Denn an vollsonnigen Tagen kann euch dieses Wetter hier oben grillen. Kein Schattenplatz in Form eines noch höheren Vulkans in Sicht.
Wir hatten jedoch Glück und wechselten zwischen Sonne und Wolken hin und her und genossen auch das leichte Windchen hier oben. Doch da es nur ein leichtes Windchen war und auch nicht so viele Menschen unterwegs waren, packte Swen sogar mal wieder unser Dröhnchen aus. Kaum gestartet jagte unsere Drohne schnurstracks über den Krater und da sie so klein und niedlich ist, verloren wir sie auch schnell aus dem Blick. Das ist, als willst du ne Fliege im Kino im Blick behalten, unmöglich. Und da hilft es auch nicht, dass man zwar einen Controller mit Bildschirm in der Hand hält, aber die Sonne so sehr scheint, dass man darauf nichts erkennen kann, außer der Angabe der Entfernung. Acht starrende Augen hatten keine Chance. Also kreiste Dröhnchen irgendwo über dem Krater von 2km Durchmesser umher und lachte sich über uns schlapp, die wir suchenden Blickes verzweifelten. Hauptsache sie macht dabei gute Bilder, alles andere ist mir Wurscht. Jedenfalls saßen wir so am Kraterrand und fixierten alle Mann den Himmel über dem Krater um Dröhnchen zu finden, bis ich irgendwann sagte: „Ich höre etwas hinter uns.“. Hinter uns ist nun aber das Meer und kein Krater und so wurde meine Äußerung abgetan mit den Worten: „Wird nur ne Fliege sein“. Aber nein, Sekunden später stellte sich raus, ich hatte Recht. Denn kaum hatten wir auf den „Return to home“-Button gedrückt, den wir als letzte Rettung quasi wie eine Hundeleine mit Rückzug haben, kam sie von der Meeresseite angeflogen. Im sonnigen Licht könnte ich schwören, Dröhnchen hat uns mit seinen Propellern den Mittelfinger gezeigt. Ich glaube, Dröhnchen emanzipiert sich so langsam und ich kann verstehen, dass es heute seinen Unabhängigkeitstag feiern möchte. So ein bissl Meerblick, ohne dass es der Kapitän sieht, ist halt nicht abzuschlagen. Ich kann sie voll und ganz verstehen.
Nach der Unabhängigkeitsfeier unserer Drohne setzten wir unsere Kraterumrandung fort. Von Weitem oder aus der Vogelperspektive sieht so ein Kraterrand ja immer schön flach aus. Aber wenn man ihn läuft, ist es irgendwie ein stetiges auf und ab. Gefühlt kamen unsere Höhenmeter mittlerweile an die Erklimmung des Großglockner heran. Ja ich neige zu Übertreibungen, aber in dem Moment hätte ich schwören können, dass es so ist. Und das bringt mich zu unserem Abhängigkeitstag. Wenn wir nämlich wandern, schwitzen wir. Also zumindest ich schwitze, als hätte jemand alle Schleusen geöffnet. Deshalb muss ich viel trinken und damit haben wir meine unbedingte Abhängigkeit. Ich schaffe es ja bei weitem nicht so viel oben rein zu schütten, wie an anderen Körperstellen rausläuft. Aber zumindest sollte es soviel sein, dass ich nicht verzweifelt alle Walderdbeeren des Kraters nasche. Heute hat es nur knapp gereicht und deshalb noch einmal der erhobene Zeigefinger voller Erdbeerrot: Denkt an genug Wasser auf Wanderungen.
Wenigstens waren wir inzwischen auf der Schattenseite des Kraters und das half auch etwas gegen die drohende Austrocknung. Allerdings zog sich der Weg nun in die Länge wie so ein Kaugummi. Kennt ihr das noch, wenn Eure Eltern Euch als Kinder motivieren wollten: „Wir sind gleich da, hinter der nächsten Kurve ist….“? Und es dauerte nicht nur eine Kurve, sondern Dutzende bis man ankam? Genauso war es nun. Swen motivierte mich mit: „Das ist wirklich die letzte Steigung und danach geht es nur noch bergab.“, nur um mich nach 50 Metern feststellen zu lassen, dass gleich noch eine Steigung folgt. Aber was erträgt man nicht alles, wenn man schöne Aussichten wie diese genießen will. Und die Aussichten waren fantastisch, sowohl in den grünen Krater, als auch Richtung Meer. Und auch wenn ich jetzt jammere, was ich gerne tu, so kann ich doch unumwunden zugeben, dass es eine lohnende Schindung der Füße war.
Dennoch kam ich ganz schön kaputt am Auto an und war dankbar, dass dort ein Kanister Wasser für meinen Abhängigkeitstag wartete. Den feierten wir dann auch gleich alle mit einer aufgefüllten Flasche auf Ex. Und weiter ging es zu einem Ziel, das uns schon in Lissabon empfohlen wurde. Genauer gesagt, hat uns eine Dame vom Sicherheitscheck am Flughafen „Peters Sportsbar“ empfohlen. Lt. Reiseführer die berühmteste Kneipe im Atlantic. Das müssen wir förmlich checken. Gefunden ist sie in Horta recht schnell, denn mittlerweile ist es nicht nur mehr eine Kneipe, sondern auch ein Souvenirshop und ein Ausflugscenter und das Ganze ziemlich zentral am Hafen. Also rein in die von Schiffsfahnen dekorierte Kneipe mit Flair. Zuerst ein Bierchen, wobei wir die Frage des Kellners überhaupt nicht verstanden: „Big, medium or small?“. Wie kann man nur so eine Frage stellen an meinem Abhängigkeitstag für Getränke (hab ich spontan vom Wasser erweitert) bzw. Dröhnchen’s Unabhängigkeitstag. Natürlich „very big“. Doch in der Kneipe gab es nicht nur gutes Bier und leckeren Gin, sondern auch wirklich leckeres Kneipenessen. Ein herrlich anstrengender Tag für uns und jetzt unsere Bäuche.



























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