Gute Nachricht vorab, das Kind hat wieder an Dichtigkeit gewonnen und wir feiern keine ungeplanten Schaumparty’s mehr. Dafür sind wir heute früh nach reichlich erholsamen Schlaf im Winterwonderland aufgewacht. Erstens ist hier definitiv Winter, auch wenn es nicht ganz so eisig wie erwartet ist. Zweitens sind wir in einem neuen „land“ nämlich Finnland. Und drittens „wonder“ ich mich, wie schön es am Ende der Welt sein kann. Alles weiß und wenn ich weiß schreibe, dann meine ich blütenweiß. Schon gestern Nacht wunderten oder wonderten wir uns, dass kein einziger Schneehaufen auch nur den Hauch eines gelben oder schwarzen Streifens hatte. Ich glaube, nicht mal Hunde getrauen sich hier, dass schöne Bild zu ruinieren. Keine Schmutzkrume entlang der viel befahrenen Straßen. Okay, viel befahrene Straßen hier entsprechen verlassenen Dorfstraßen zu Hause. Aber ich kann mich entsinnen, dass auch dort die Schneehaufen schwarz gesprengelt sind. Hier nichts von all dem…nur WEIß.
Nun mag das an den wenigen Menschen liegen, denn trotz dem seit diesem Jahrtausend aufblühenden Tourismus, müssen wir immer noch von homöopatischen Menschenmengen sprechen. Aber andererseits, scheint hier die Luft dennoch sehr, sehr sauber zu sein. So wie ein Einhornpubs oder passenderweise ein Rentierfurz. Ist mir eigentlich auch egal, ich liebe jedenfalls dieses jungfräuliche Weiß.
Wir jedenfalls hatten für heute unser erstes Highlight geplant und wollten mit dem Snowmobile eben durch diesen wunderbaren Schnee. Gott-sei-Dank ging es Georg nach der gestrigen Tortour wieder gut und uns immer noch. Hoffen wir einfach mal, dass es kein Feriengeschenk aus der Schule war, sondern wirklich nur ne Unverträglichkeit. Jedenfalls waren wir stabil genug, um uns den gesamten Kofferinhalt gleichzeitig anzuziehen. Bekanntlich soll es ja verdammt kalt in Finnisch Lappland sein. Also gab es einen Zwiebellook, der mich tatsächlich aussehen ließ, wie eine kleine runde Zwiebel. Dazu noch 2 paar Handschuhe und die von der Nachbarin geborgten finnlandtauglichen Schuhe. Bis ich alles anhatte war mir so warm, dass ich sofort wieder alles ausziehen wollte. Da half es auch nicht, sich so als Michelinmännchen verkleidet in ein beheiztes Auto zwingen zu sollen. Ist ungefähr so, als wenn man mit 100 Heliumballons versucht, in einen Trabbi zu steigen. Ich befürchte, wir haben es Kleidungstechnisch übertrieben. Da hilft es auch nicht, wenn die bei unserer Snowmobiletour uns nach unseren Schichten fragen und sicherheitshalber nochmal einen Schneeanzug obendrauf empfehlen. Falls ich bisher noch nicht in den Hitzewallungen der Wechseljahre war, sag ich mal „Herzlich Willkommen Klimakterium“. Einen Skianzug über eine Skihose und eine gefütterte lange Unterhose ziehen, fühlt sich verdammt heiß an, sieht aber für Außenstehende nicht ansatzweise heiß aus. Aber was tut man nicht alles, um dem Kältetod am allerersten Urlaubstag zu entgehen. Wir gaben alles und ich befürchtete schon, dass ich so nie auf ein Snowmobile komme, denn dafür müsste ich ja noch meine Beine heben können. Schon mal ein Michelinmännchen gesehen, dass seine Beine hebt?
Egal wie, wir waren definitiv bereit für eine Polarexpedition und stapften durch diesen wunderbar knirschenden und glitzernd weißen Schnee zu den Gefährten des Winters. Georg durfte leider noch nicht mit hinten auf sitzen, sondern musste mit einer noch jüngeren Französin in einen dem Tourguide anhängenden Schlitten. Hätte man Swen mit einer jüngeren Französin als Beifahrerin gedroht, hätte der gelächelt. Georg fand es „DOOOOOOOF“. Naja, dafür war ich nun die Hintersitzerin von Swen und hatte an beiden Seiten einen Angstgriff zum festhalten. Um Swen’s Bauch konnte ich aufgrund der vielen Kleidungsstücke gar nicht mehr greifen, was dem Gefühl des Motorrads entsprochen hätte. Aber was soll’s, Hauptsache ich kann mich irgendwo festhalten, während Swen das Ding mit dem Gas geben ausprobiert.
Ich bin ja grundsätzlich jemand, der kein Abenteuer scheut. Und so ließ ich mich auch auf das heutige ein, ohne Angstschweiß zu produzieren. Doch eigentlich habe ich fast überhaupt nichts von der Fahrt mitbekommen, denn dank Gesichtsmaske, Helm und Brille beschlug alles im Sichtbereich und ich fuhr blind mit. Hab sicherheitshalber gelegentlich ein Video gemacht, um später mal zu sehen, wo wir so lang gefahren sind. Und laut Hörensagen war es das wahre Winterwonderland. Alles weiß, kaum Zivilisation und unendliche Weiten. Sind sogar über einen See gefahren, den ich nicht mal als solch einen wahrgenommen habe. Sah aus wie ein riesiges freies Fussballfeld nur ohne Tore und Fussballer. Aber unter uns war wohl ein See, wie wir bei einem kurzen Tee-Keks-Stop erfuhren.
Kurz danach machten wir einen kurzen Stop, weil ein Kind sich mitten in der Fahrt übergeben musste. Offensichtlich macht Finnland aus Kindern Schlammkanonen, keine Ahnung warum. Die Illusion von gänzlich weißem Schnee war damit dahin. Doch hurra, es war nicht unser Kind. Denn der saß mittlerweile als Beifahrer hinter dem Guide und hatte sich somit von seiner jungen Französin gelöst, ohne ihr auch nur eine Träne hinterher zu weinen. So sind sie, die Männer. Kaum steht ne Motorradtour mit den Kumpels an, sind wir auch schon uninteressant.
Nach ca. 2 Stunden ließen wir ein letztes Mal den Motor aufheulen, und trennten uns schweren Körpers von unseren Extra-Schneeanzügen. Eigentlich hat alles perfekt warm gehalten, aber ich muss zugeben, dass ich trotz der 30-schichtigen Kleiderordnung zum Ende hin etwas gefroren habe. Und so gab es zur Belohnung erst einmal ein paar Schuhsohlen mit Wärmeeffekt. Nicht ganz so nachhaltig wie gewünscht, aber dafür wirklich glücklich machend. Georg und ich schritten mit warmen Füßen, wenn nicht sogar dampfenden, hinaus in den Schnee und lächelten glückbeseehlt vor uns hin.
Jetzt wollten wir nur noch etwas warmes essen und dann dem nächsten Must-have von Finnland entgegen streben. Eine warme Sauna sollte dieses Must-have für uns sein und die schlummerte noch kühl in unserem Apartement. Gibt es eigentlich in Finnland überhaupt irgendein Haus ohne Sauna? Ich bezweifele es wirklich.
Für uns galt jedoch, erst Nudeln mit Tomatensauce kochen und währenddessen den Kamin und die Sauna anheizen. Das war genauso so lange eine gute Idee, bis Swen schrie: „Scheiße, unser Kamin qualmt in den Raum.“ Okay, meine Kaminkenntnisse erlauben zumindest die Feststellung, dass das so nicht sein soll. Jedoch darüber hinausgehende Hilfe kann ich, während meine Nudeln überkochen, die Sauce anbrennt und ich parallel mit meinen Eltern telefoniere nicht leisten.
Swen bringt kurz den Vorschlag ein, einen Eimer Wasser in das schön zündelnde Feuer zu gießen. Allerdings bezweifele ich, dass dies das Problem mit dem Qualm nachhaltig lösen wird. Irgendwie zieht der Schornstein nicht. Also reißen wir alle Türen auf, denn Fenster gibt es in Finnland nicht. Auch so eine Erkenntnis, die man erst macht, wenn man wie üblich ein Fenster aufreißen will. Hier gibt es nur Festverglasung und kleine Lüftungsschlitze, die allerdings nicht mit einem Fenster in solch einer Situation konkurrieren können. Also ergreift Swen die einzig sinnvolle Möglichkeit, um uns vor dem Erstickungstod, gefolgt vom Kältetod zu schützen. Er greift sich die Holzzange und damit einen brennenden Scheit nach dem nächsten und rennt damit raus in den Schnee, bis es zischt.
Noch so ein Ding um die Mähr um den blütenweißen Schnee zu zerstören. Jetzt ist der Schneehaufen vor unserer Terrasse ruiniert vom rusenden Holz. Aber dafür qualmt nichts mehr im Haus. Auch meine Nudeln und die Sauce konnte ich noch rechtzeitig retten. Und nachdem wir nun im Nachgang die Gebrauchsanweisung gelesen haben, wissen wir auch, dass wir vor Inbetriebnahme des Kamins den Regler für die Öffnung des Schornsteins betätigen müssen. Denn hier ist es so kalt, dass der Schornstein mal sicherheitshalber geschlossen wird.
Wir dagegen sind nun um ein paar Erfahrungen reicher und duften wie ein frisch vereidigter Schornsteinfeger.
Also ab in die Saune zum Ausschwitzen der schlechten Momente. So ein Aufguss öffnet auch die letzte verschlossene Pore und wir fühlen uns schon an Tag 1 wie erholt. Es könnte nicht besser laufen….
….das war ein rhetorischer Einwand. Denn natürlich kann es noch besser werden. Denn nach der Sauna, steht vor der Tür der ultimative Natur-Abkühlbereich zur Nutzung bereit. Was schehren uns die stierenden Rentiere oder die glotzenden Elche, denn mal so richtig schön mit den erhitzten Füßen in den wunderbaren Schnee ist doch bestimmt traumhaft. Doch so abkühlend wagte ich einen Blick gen Himmel zu unserem Schöpfer und zuckte augenblicklich mein Handy mit der aktivierten Kamerafunktion.
Und da waren sie…..DIE NORDLICHTER….wie sie schöner nicht hätten leuchten können. Wo ich gestern im Flugzeug noch einen Hauch von einem grünen Band gesehen hatte, donnerte es heute förmlich ein Feuerwerk über den Himmel. Selbst mit bloßem Auge konnte ich sehen, was am Himmel los war. Jedoch mit dem Handy, war es ein wahres Farbenspiel. Alle Bilder sind unbearbeitet und können doch nicht rüber bringen, wie unglaublich diese Jungfernfahrt der Nordlichter für uns war. Wäre mir nicht mittlerweile das Handtuch an den Beinhaaren angefroren, würde ich immer noch draußen im Schnee stehen und staunen. Das war ein echter Bucket-List-Moment für uns drei. Selbst Georg konnte sein Handy nicht mehr weglegen und spamt nun alle Großeltern mit Bildern zu. Genießt einfach mal mit…





















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