Da frieren einem ja die Poren zu

Heute war es dann endlich soweit, es ging auf die finnische Piste. Angesichts der Tatsache, dass der „Berg“ hier nur 719 m misst, konnte ich auch relativ entspannt an die Sache rangehen. Trotzdem hatte ich eine gewisse Nervosität in mir. Schließlich ist es zwei Jahre her, dass ich Bretter unter meinen Füßen hatte und beim letzten Mal endete mein Skiabenteuer im Krankenhaus. Also war ein wenig Aufregung durchaus angebracht gewesen. Doch ich sah den Hang und die breiten Pisten mit verhältnissmässig wenigen Menschen und dachte, dass könnte schön werden.

Falsch gedacht, es wurde wunderschön.
Dieses Mal mussten wir uns ja alles ausleihen, aber der Leihvorgang dauerte nur Minuten. Das aufwändigste dabei war mal wieder die Tortur, unsere Waden und Füße in die Skischuhe zu pressen. Danach habe ich meistens schon mal die Schnauze voll und meine erste Hitzephase hinter mir.
Dann ging es zum Hang und damit zum ersten Lift. Hier auf der Südseite des Ylläs gibt es eine Gondel, die auf die Spitze führt und einen Sessellift neben unzähligen Schleppliften. Während an den Liften Menschen anstanden, waren die Pisten jedoch leer. Komisch, aber es war tatsächlich so. Wir steuerten die erste Abfahrt an und Swen war sofort verliebt in den Schnee und die Pisten. „Der beste Schnee, den ich je hatte.“ platzte es aus ihm heraus. Ich brauchte für solch eine Liebeserklärung beim Skifahren noch ein paar Abfahrten mehr. Aber auch ich fühlte mich sofort wohl mit den Brettern unter meinen Füßen. Keine Angst, keine Unsicherheit, nur entspanntes dahingleiten. Und so wurden aus einer Abfahrt gleich mal 10-20 und dann merkten wir unsere Füße, Finger und Nasen nicht mehr. Man muss nämlich zugeben, hier war es kalt, verdammte Axt. Ein Wind pfiff über den Berg, der es unmöglich machte, mal eine Minute ohne Handschuhe dazustehen. Hatte ständig Angst, dass mir gleich die Finger als schwarze Froststäbchen abfallen. Das gute am Wind war der wolkenlose Himmel und die unendlich weite Sicht

Da hilft nur heißer Kakao und einmal einkehren. Hier findet man erstaunlich viele Möglichkeiten und wir wählten eine kleine Bar mit Snacks und eben diesen Kakao. Mit dem Kellner versuchten wir notwendiges in Finnisch zu lernen, also „Bitte“, „Danke“ und „Prost“, bis er uns nach unserer Herkunft fragte und nach unserem Lieblingsfussballverein. Da war dann auch hier in Finnland Schluss mit dem finnischen Kölnfan. Mal ehrlich was haben die nur alle für ein Problem?

Nachdem wieder alle Gliedmaßen aufgetaut waren, hosten wir unsere zwanzig Schichten wieder an und nahmen gegen 16:00 Uhr Angriff auf die lange Schlange zur Gondel. Nur die Gondel fährt bis ganz auf die Bergspitze. Während wir auf halber Höhe schon Angst vor Frostbeulen hatten, so kann ich kaum beschreiben, wie es sich anfühlte, als wir am Gipfel die Gondel verließen. Gefühlt waren wir hier bei -30 Grad und der Wind pfiff um unsere Helme. Allerdings war das Frostgefühl einem ganz anderen gewichen, denn wir kamen pünktlich zum Sonnenuntergang oben an und sprinteten Richtung Sonne, die langsam am Horizont verschwand und den ganzen Himmel orange färbte. Jeder Stock hier oben, jeder Mast, jedes Gebäude war eingehüllt von einer dicken Eisschicht und doch färbte die Sonne alles in ein herrlich warmes Orange. So etwas Schönes hatten wir alle drei nicht erwartet und fotografierten bis der Handyakku ob der Kälte streikte.

Doch das beste kam noch danach, denn hier sind die Pisten noch nach Sonnenuntergang geöffnet. Riesige Strahler erhellen fast jede Strecke rund um den Berg. Die Lifte fahren bis 19 Uhr unermüdlich in die Dunkelheit und so erlebten wir ganz besondere Abfahrten, wie wir sie noch nicht hatten. Eine der Schlepplifte war sogar in einer beleuchteten Röhre und schoß dich gen Hang.
Jeder der seit Jahren in das gewohnte Skigebiet fährt sollte einmal im Leben hier fahren. Auch wenn es nicht die Alpen sind und vielleicht alles etwas unspektakulärer aussieht. Wir jedenfalls haben an dem einen Tag trotz vieler Pistenkilometer vielleicht 1/5 der Pisten befahren. Da geht also noch einiges mehr.

Gegen 18:30 waren wir dann aber so durchfroren, dass wir nur noch in unsere Sauna wollten. Also eine letzte Abfahrt Richtung Skileihe und schwupps wurden wir verpfiffen. Es war nämlich verboten, auf dem Fussweg mit den Skier zu fahren, da hier etwas Split liegt. Swen bremste zu spät und erwischte den Split, während Georg und ich noch frühzeitig unsere Skier lösten. Keine 100 Meter weiter war der Skiverleih, der dank einem geschäftstüchtigen Taxifahrer schon von Swen’s Vergehen wusste. Solch eine Petze. Also mussten wir die Aufbereitung der zerkratzten Skier bezahlen und nehmen es einfach mal als Lehrgeld. Und alle, die durch uns nun nicht mehr den Fehler machen, können uns ja einfach mal „Danke“ sagen.

Kaum in unserer Hütte angekommen, heizten wir die Sauna ein und machten es uns gemütlich. Aufgrund der vielen frischen und klaren Luft war ich schon vor dem Saunagang kaputt. Nach dem Saunagang kam der Kreislauf, klopfte mir auf die Schulter und meinte: „Mach mal ruhig, Mädel.“
Aber ich überhörte es und versuchte noch einen Saunagang, der mit meinem Kopf über der Kloschüssel endete. Habe da jemanden aus dem engeren Familienkreis in Verdacht, dass er mir seine Schaumkanone übergeben hat. So was von zum Kotzen.

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