Ja, so oder so ähnlich hätte heute die Durchsage im Leipziger Zoo durchaus lauten können. Stattdessen suchte die 8 jährige Maria ihre Oma, oder der 7 jährige Tim sollte an der Bärenburg abgeholt werden.
Manchmal bin ich wirklich versucht, diesen Blog dazu zu missbrauchen, mir selbst Memo’s für künftige Entscheidungen zu hinterlassen. Das heutige Memo lautet dann wie folgt: „Wenn mal wieder ein Brückentag gleichzeitig als variabler Ferientag von halb Sachsen herhalten muss, verdränge den Gedanken, mit deinem Sohn einen schönen Tag im Zoo zu verbringen! Ein Tag auf der Couch ist auch toll!“.
Doch manchmal bin ich als Muttertier halt so gar nicht lernfähig, sondern falle auf die tolle Idee herein, solch einen freien Tag doch im Zoo zu verbringen. Was ich dabei ausblende, sind die vielen anderen Mütter mit den gleichen Gedanken. Heute jedenfalls wurden alle Mütter in Leipzig offensichtlich mit dem gleichen Gedanken wach:
„Lasst uns heute mal in den Zoo gehen!“
Diese Entscheidung bereute ich spätestens in der Schlange zum Parkhaus. Doch versprochen ist versprochen und außerdem waren wir mit einer weiteren, ähnlich motivierten Mutter und dem dazugehörigen Nachwuchs verabredet. Und genau an dieser Stelle muss ich feststellen, dass wir es hier mit den Stufen der Evolution zu tun haben. Denn am Anfang stand der Gedanke, Zeit mit dem eigenen Kind zu verbringen. Doch diesen Gedanken haben wir Mütter evolutionstechnisch weiterentwickelt. Denn wir wissen, für Kinder wird es erst richtig toll im Zoo, wenn man mindestens einen Kumpel im gleichen Alter dabei hat. Und da sich meine Kumpelqualitäten spätestens auf dem Piratenschiff in Luft auflösen, während ich mich aus der obersten Etage unter Einsatz des Technischen Hilfswerkes wieder rausschneiden lasse, ist es halt besser einen echten Kumpel mitzunehmen. Tja und damit setzt der nächste Evolutions-Schritt ein. Denn ohne Evolution würde man nun als Mutter ständig hinter den zwei Exemplaren des natürlichen Chaos hinterherrennen und langsam aber sicher die Nerven verlieren. Aber mit der nächsten Stufe der Evolution nehmen wir uns einfach die andere Mutter auch noch mit und teilen uns den Wahnsinn einfach auf. Zwischenzeitlich aufkommende Gedanken an 1-10 Glühwein sind dabei natürlich und entsprechen unserem Überlebensinstinkt und gehören somit auch zur Evolution.
Also befanden wir uns jetzt evolutionstechnisch gesehen auf der obersten Leiterstufe der Entwicklung und gingen zusammen in den Zoo.
Ich weiß mittlerweile nicht mehr, wie oft in meinem Leben ich schon im Leipziger Zoo war. Ich bin hier aufgewachsen und so gehörte der Zoobesuch schon zu meinen Kindertagen, den ersten Dates, diversen Abendveranstaltungen und letztendlich als beaufsichtigendes Muttertier immer zu meinem Leben dazu. Und so gibt es auch eine gewisse Choreografie mit der man den Zoobesuch durchlebt. Zuerst an die Kassen, nur um festzustellen, dass es hier zu voll ist und alles zu langsam läuft. Also schnell online die Tickets besorgt und ab durch das Drehkreuz. Bevor man nun die ersten Tiere erfasst, steht gleich rechts vom Eingang die Elefantenstatue, welche man nicht nur bewundern, sonder auch erklettern kann. Auf diesem Elefanten habe ich schon als Kleinkind gesessen und auch von meinem Sohn gibt es so ungefähr hundert Bilder auf diesem Elefanten. Aber das ist noch lange kein einleuchtender Grund, um diese Station durch den Zoo auszulassen. Es sei denn, wie heute auch, der Toilettendrang ist stärker als der Fotofinger und so muss die erste Toilette für das „Wir gehen sicherheitshalber noch mal schnell!“ herhalten. Zweites Memo an mich: „Auf die Idee kommen alle anderen Muttertiere auch, also lieber die übernächste Toilette ansteuern!“
Tja und dann geht es weiter zu den kuscheligen Koala’s, die ungefähr so chillig sind, wie ich an solch einem Oktobertag eigentlich gerne wäre. Auch ich würde mich so einrollen und so tun, als bekäme ich nichts von der Außenwelt mit.
Nach den Koalas und dem ersten Schreckmoment: „Wo sind die Kinder?????“ wird als erstes ein Worst-Case-Treffpunkt vereinbart. Für alle Nicht-Eltern: das ist so ähnlich wie ein Safe-Word, falls man eine bestimmte Erfahrung einfach mal nicht machen möchte. Für alle Eltern: ich meine die Erfahrung, sein Kind beim zuständigen Jugendamt abholen zu müssen, nur weil man es aus Versehen vor zwei Wochen im Zoo verloren hat und zwischenzeitlich eine Amnesie hatte mit ganz vielen Kinderfreien Tagen und ganz wenig schlechtem Gewissen.


Naja, unsere Kinder waren jedenfalls vorbildlich. Sie blieben trotz gelegentlicher Fluchtversuche und Ablenkungen immer in unserer Nähe. Man muss halt nur die richtige Länge der Leine einstellen. Dann klappt das. So auch auf dem Weg zu den Elefanten. Und hier gab es die erste Situation, die an den Titel des Blogs erinnert. Denn ich bin bekennender Elefanten-Fan. Als Jugendliche habe ich alles gesammelt, was einen Rüssel hatte. Aus Plüsch, aus Holz und aus verschiedenen anderen Materialien durften die Rüsseltiere dabei sein. Bedingung für den Einzug in mein Kinder- und Jugendzimmer war nur der Rüssel. Wäre ich jetzt Sigmund Freund, würde mir dafür sicherlich eine bessere Idee einfallen. Aber so als Daniela fand ich diese Tiere einfach nur toll, voll süß und so spannend. Diese Spannung hat sich bis heute bei mir nicht gelegt und wenn dann wie im Leipziger Zoo noch hinzukommt, dass wir aktuell vier Babyelefanten haben, dann kann aus dieser Spannung schnell mal eine Obsession werden. In meinem Fall bedeutet dies, dass ich mich mit dem Fotoapparat bewaffne, mich wie ein Kleinkind in die erste Reihe dränge und vergesse, dass auch ich ein Kind dabei habe, welches hinter mir versucht, auch etwas zu sehen. Doch diese Babyelefanten sind soooooo süß, dass einfach nur alle Augen auf sie gerichtet sind. Gott-sei-Dank konnte in dieser Zeit meine Zweitmutter bei diesem Zoobesuch die Kinder übernehmen und dafür sorgen, dass auch sie etwas sahen. Ich dagegen war immer noch im Elefanten-Tunnel und überlegte, ob solch ein süßer, kleiner Elefantenbulle nicht als Haustier für uns durchgehen könnte. Und das erinnerte mich wieder an den Höhepunkt meiner Sammelleidenschaft und die Tatsache, dass ich irgendwann vor lauter Plüschrüsseln in meinem Kinderzimmer nicht mehr das Bett sehen konnte. Damals wurde ich dann irgendwann vernünftig und habe alle Rüsseltiere an umliegende Kinderheime gespendet. Heute dagegen war ich versucht, mir im Zooshop zumindest noch ein einziges Mal ein Plüschtier in Echtgröße zuzulegen.
Aber irgendwann schafften es unsere Kinder und die Zweitmutter auf der Evolutionsleiter, mich unter Treten, Schreien und Heulen von den Elefanten wegzubringen. Als Wiedergutmachung am Kinde hieß es nun: „Ab in die Bärenburg“. Für alle Nicht-Leipziger und unerfahrene Leipziger-Zoo-Besucher sei kurz erwähnt, dass die Bärenburg das alte Bärengehege der Stadt beherbergte. Zumindest bis zu dem Zeitpunkt, an dem das Tierwohl mehr wog, als die anlockende Wirkung einer Attraktion mit Eisbären. Denn diese Bärenburg war einfach kein schönes Zuhause für Bären und wurde stattdessen in ein Kindergehege umgebaut, was man üblicherweise auch Spielplatz nennt. Und dieser Spielplatz hat es in sich. Zwar hat er nur einen Fluchtweg, nämlich den aus der Burg direkt zu der Imbissbude, die mit Kaffee, Glühwein und anderen harten Getränken die wartenden Eltern mit dem fokussierten Blick eines Sternsuchers versorgt. Drumherum sind hohe Mauern, aus denen es damals auch nicht die Eisbären rausgeschafft haben. So sollte man meinen, dass hier auch keine Kinder verloren gehen können.
Doch weit gefehlt. Diese Bärenburg ist so verwinkelt und undurchsichtig, dass man sein Kind auf Monate hin verlieren kann, ohne es auch nur einmal im Gewimmel erkennen zu können. Das ist für die Kinder toll, weil sie sich hier richtig austoben können. Für die Eltern ist es so semi. Ich kenne einige, die vom Leipziger Zoo bisher nur den Imbiss an der Bärenburg kennengelernt haben, weil ihr Kind für Stunden verschwunden war und erst wiederkam, wenn der Zoo geschlossen wurde oder die Sonne unterging.
Wir ergaben uns an dieser Stelle einfach unserem Schicksal, hofften das Beste und becherten erstmal gemütlich einen Milchkaffee, während wir unser komplettes Leben in Geschichten austauschten, während unsere Jungs: „nur noch ganz kurz mal spielen“ wollten. Ich finde ja, dass unsere Herangehensweise deutlich entspannter ist, als der panische Blick, den manche Namen-Rufende-Eltern auflegen, wenn sie auch nach 30 Minuten Suche immer noch keine rote Mütze ausmachen konnten, die zu ihrem Engel gehört. Das ist dann der Zeitpunkt, wo die meisten Such-Durchsagen erfolgen. Wir jedoch hatten Glück, dass unsere Kinder einfach irgendwann den Geruch der Imbissbude nicht mehr aus ihrer Nase bekamen und freiwillig zur Essensaufnahme zurückkamen. Dahinter steckt jahrelange Dressur und vollständiges Aushungern beim Betreten der Bärenburg. Wer hier Tipps benötigt, kann sich gerne an mich wenden. Ich teile gerne mein Mutter-Tier-Wissen.
Nach der Bärenburg schafften wir sogar noch das Pongoland mit den fantastischen Gorillas, Schimpansen und Orang-Utan’s und auch hier bestand kurzzeitig die Gefahr, dass ich als fotografierende Mutter verloren gehe. Aber Herbstklamotten im tropischen Regenwald sind halt einfach eine schlechte Kombination und so folgte ich lieber trotzig unseren Kindern zum nächsten Highlight. Die Löwen hatten zwar kürzlich den männlichen Löwen verloren, aber dafür begrüßten uns 4 kleine Löwenbaby’s mit dem festen Willen, uns entweder gehörig Angst einzujagen oder uns vor Schnuckeligkeit zu überzuckern. Die sind ja so süß und tapsig. Und haben eine Mutter, die den gestressten Müttern an der Bärenburg wahrlich Konkurrenz machen kann. Das lag allerdings nicht an ihren unerzogenen und übermütigen Kindern, sondern an den unerzogenen Zaungästen, nämlich uns Zoobesuchern. Trotz der Hinweise, dass man nicht laut sprechen soll und den Tieren die Ruhe gönnen muss, wurde gequatscht, geschrien, gejubelt und vor allem so sehr gedrängelt, dass vorn an der Scheibe zum Löwengehege lauter Nasen von kleinem Menschenkindern klebten, die von der anderen Seite aus sicherlich wie Essen in Gummistiefeln aussahen. Wäre ich die Löwenmama, hätte ich entweder meine Kinder zum Buffet gebeten oder aber, ich hätte allen an der Scheibe meine dicke fette Mittelkralle gezeigt und mal ordentlich gebrüllt, dass allen die Locken nach hinten fliegen.







Bis zu diesem Zeitpunkt hatten wir also die wichtigsten Stationen unseres üblichen Zoobesuchs überlebt. Die Kinder waren noch bei uns und wir wurden noch nicht ausgerufen. Es läuft soweit. Okay, die Jeanshosen unserer Kinder hatten mittlerweile eher einen Tarnlook als die ursprüngliche hellgraue Farbe. Aber es hatte ja auch keiner gesagt, dass man seine Kinder hier sauber zurückbekommt. Ist schon perfekt, wenn man ohne heulende Kinder aus dem Zoo muss, mehr geht nicht. Um dies zu schaffen, stellten sich uns aber noch zwei große Herausforderungen in den Weg. Zuerst der Vorhang zu den Flamingos. Nun könnte man meinen, wie soll so ein Vorhang aus Seilen ein Grund werden, der Kinder zum Heulen bringt? Also sagen wir es mal so, unter normalen Umständen ist dies auch kein Grund. Und kein Zooarchitekt hat die Situation vorhergesehen, die uns nun widerfuhr. Mein erster Hinweis zu diesem Vorhang: Er ist von beiden Seiten begehbar und verhält sich ungefähr so hinterhältig wie eine fiese Schwingtür. Mein zweiter Hinweis an dieser Stelle: Solch ein Vorhang ist nicht ganz ideal, um die Szene aus Harry Potter nachzustellen, welche am Gleis 9 3/4 spielt. Hier versuchten Harry und Ron mit Schwung durch die Wand zu rennen. Okay, eine richtige Wand ist auch keine geeignete Kulisse. Insofern verstehe ich schon unsere Jungs, die es lieber an einer Wand mit Seilen ausprobieren wollten. Aber wie gesagt, so ein Vorhang ist keine Einbahnstraße. Und wenn genau im gleichen Moment ein Mädchen hinaus will, während mein Sohn den Harry Potter macht, gibt es halt in der Mitte der Seile einen Zusammenstoß, der wiederum an den durch Dobby verhinderten Durchgang erinnerte. Fakt war, mein Sohn rammte mit seinem Kopf in den Bauch eines etwas größeren Mädchens, welches vor Schock gleich losheulte. Da half leider auch kein „Entschuldigung“ und garantiert auch nicht mein Kichern über die Situation an sich. Aber ich hab auch nie behauptet, dass ich eine humorlose Vorzeigemutter bin.





Nach diesem Zwischenfall folgte direkt der Ausgang mit dem Weg des Zorns, oder wie alle Architekten es nennen: den schlussendlichen Souvenirshop, der alle Eltern, Großeltern und andere Aufsichtspersonen in den Wahnsinn treiben soll. Wie in jedem Freizeitpark kann man auch unseren Zoo nur verlassen, wenn man diesen Weg des Zorns übersteht. Meine bisherigen Eingaben bei Amnesty International, diese Shops zu verbieten, haben bisher noch keine Wirkung gezeigt. Also hat man nur die Auswahl zwischen einem heulenden Kind, welches aufgrund der eigenen Selbstverweigerung alle schönen Erlebnisse der letzten Stunden augenblicklich vergisst und vom schlimmsten Tag in seinem Leben berichtet. Oder man zückt ermüdet das Portemonnaie und kauft für 10 Euro das x-te Plüschtier oder ein anderes tierähnliches Souvenir, welches nach einem Tag in irgendeiner Kiste des Vergessens endet.
Wir entschieden uns für Variante 1, schalteten auf Durchzug in dem Wissen, dass unsere Kinder einen tollen Tag hatten und blieben eisern. Und ich kann allen Muttertieren nur attestieren, wenn ihr es bis hierhin geschafft habt, und alle überlebt haben, dann schafft ihr auch den Weg des Zorns. Und glaubt mir, trotz aller Bockphasen und Trotzreaktionen danach, irgendwann kommt der nächste Zoobesuch und das Spiel beginnt von vorn.


Sehr schöne Beschreibung eines Zoombesuchs. 8ch gehe mittlerweile mit den Enkeln hin. Und Dauerkarte. Und den Zoo verlassen wir grundsätzlich durch die Drehtür links neben dem Shop
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