28. und 29. Juni 2025 – Schon mal auf dem Dach gecampt?

Also ich kann diese ungewöhnliche Frage mit einem ein-eindeutigen „Ja“ beantworten. Aber bevor es soweit ist, fangen wir mal ganz von vorne an.

Für mich ist gerade Weihnachten, Ostern, Neujahr und Geburtstag in einem. Also ich meine so einen besonderen 18.Geburtstag, die schönsten Weihnachtsfeiern, Ostern mit einem sonnigen Hasi und Neujahr in Perfektion. Ich bin wieder in/auf Afrika. Und jeder, der mich kennt weiß, dass dies für mich etwas ganz, ganz Besonderes ist. Nicht zu vergleichen mit der Entdeckung der neuen Welt, eher so wie nach Hause kommen.

14 Jahre ist mein letzter Besuch auf dem Kontinent her und seither habe ich es heimlich vorbereitet und hinterhältig geplant. Bei meinem Liebsten die Sehnsucht implementiert und bei meinem Sohn den Mut und Hunger auf Abenteuer gefördert. Mein Mann musste mir sogar zur Eheschließung versprechen, dass er irgendwann mit mir Afrika erkundet und bei meinem Sohn habe ich es als Kleingedrucktes in der Geburtsurkunde vermerkt. Und jetzt, 2025, soll es nun endlich so weit sein. Wir fliegen für drei Wochen nach Südafrika und erkunden die Gardenroute. Für eingefleischte Afrika-Besucher ist das sicherlich eher so eine Einsteigertour für Touris, aber für Einsteiger kann man sagen, auch schon so etwas wie eine Herausforderung.

Also habe ich geplant, vorbereitet, recherchiert und organisiert bis ich meinte, den Einbürgerungsantrag für Südafrika stellen zu können. 

Ich kann jetzt jeder nervösen Frage meines Mannes, jedem ungeduldigen Nachfragen meines Sohnes, jedem auch nur vorsichtig ausgedrückten Fragezeichen aller Verwandten und Bekannten standhalten.

Also ging es los nach Kapstadt, der Sehnsuchtsmetropole am südlichen Zipfel von Afrika. Dabei muss man nicht nur überlegen mit welcher Airline man fliegen will, sondern vor allem danach entscheiden, wann man in Kapstadt landet. Denn es sollte noch hell sein, wenn man vor hat, am Flughafen mit einem Mietwagen zu starten.

Wir entschieden uns also recht vernünftig für die Turkish Airlines. 1. weil sie zur Mittagszeit in Kapstadt landen und 2. weil sie mit Comfort und Zuverlässigkeit punkten können. Und 3. als unschlagbarer Vorteil: Der erste Flug ging von Leipzig aus. Das hatten wir gefühlt noch nie. Also ab in den Flexa, den Regionalexpress und die S-Bahn und in läppischen 65 Minuten zum Leipziger Flughafen. Erstaunlicherweise waren alle auf dieser Fahrt nett. Nur nette Deutsche sind manchmal selbst für uns überraschend. Ein interessierter Flexa-Fahrer, ein zu Scherzen aufgelegter Fahrkartenkontrolleur und dann noch eine entspannte Dame am Check-In-Schalter. Das ist ganz schön viel an solch einem Morgen. Da bin ich mit Freundlichkeit überfordert. Gott-sei-Dank war die Dame bei der Pass-Kontrolle dann wieder typisch-korrekt-emotionslos-deutsch. Ich kann einfach mit zu viel Freundlichkeit nicht umgehen. 

Am Leipziger Flughafen hatte ich dann auch meine für dieses Jahr erste Elefanten -Sichtung. Kaum aus der Toilette gestolpert stand er vor mir. Ein riesiger Elefant – aus Pappmache. Aber es zählt trotzdem. Und in Anbetracht der Tatsache, dass ich 28 Stunden später in Cape Town auf dem Flughafen die nächste Papp-Mache-Elefanten-Sichtung hatte, ist es auch irgendwie als gutes Omen zu verstehen. Ich trainiere jedenfalls schon mal meine Augen auf lauter gut getarnte Tiere und suche in den Menschenmassen auf Flughäfen.

Doch zurück in das Fahrgeschäft Nummer 4 und den ersten Flug nach Istanbul. Turkish Airlines beweist mal wieder was gute alte Fluglinien als Service verstanden. Da gibt es sogar auf dem Flug nach Istanbul (erste Station) ein Entertainment-Programm, was jeden Nutzer an den Sucht-Wahnsinn bringt. Filme, Spiele, Musik, Hörspiele und von allem einfach zu viel, um es in 2,5 h zu schaffen. Das macht Verbraucherstress, dem wir uns natürlich frohen Mutes stellten. Was sollten wir bei geplanten 30 Stunden Weg auch vorschlafen..

Aber irgendwann kam unser Zwischenstopp für ungefähr 11 Stunden in Istanbul. Das ist so ungefähr der Alptraum aller Globetrotter ohne Zugang zu irgendwelchen Loungebereichen. Selbst in einem überdimensionierten Shoppingparadies, wie dem Istanbuler Flughafen sind 11 Stunden einfach zu viel. Nun kommt das nächste unbezahlte Lob auf Turkish Airlines, denn sie bieten für Transferflieger so einiges an Unterhaltung, denn entweder meldet man sich für eine der zahlreichen Stadtrundfahrten an, oder man nimmt sich einfach ein Hotel. Und das alles für lau, also völlig gratis.

Da wir ja noch weiterfliegen wollten, kamen für uns die Stadtrundfahrten in Frage. Also raus aus dem Flughafen durch die Passkontrolle und den Reisepass mit ein paar neuen Stempeln aufgehübscht. Dann ab zum Touristanbul-Schalter, wie kreativ, und in unserem Fall zwischen zwei Stadtrundgängen und einer Bootstour gewählt. Wir entschieden uns für eine Bootstour zum Sonnenuntergang auf dem Bosporus, inklusive Abendessen. Ja, immer noch alles für lau. 

Da die Tour erst 18:30 Uhr starten sollte, hatten wir noch genügend Zeit für ein ungesundes Mittagessen für Georg und einen guten Kaffee für uns.

Dann ging es los mit zwei großen Bussen und reichlich Durchreisenden wie uns. Normalerweise stehen wir ja nicht auf solche Touristenmassen, aber wie war das mit dem geschenkten Gaul gleich nochmal?
Also fuhren wir erst einmal 50 Minuten quer durch Istanbul mitten in die Altstadt zu unserem Boot. Georg schlief augenblicklich ein und wir konnten nicht, weil wir einen Mit-Touri hatten, der laut Insta-Videos schaute, als wöllten alle im Bus mithören.
Doch irgendwann hatten wir es geschafft und rauf ging es aufs Boot, wo wir gen Sonnenuntergang schipperten. Dort wurden wir auch mit reichlich Info’s versorgt und genossen die Fahrt auf der Grenze zwischen Asien und Europa.

Eines ist mir gleich aufgefallen: 1. wohnen verdammt viele Menschen in Istanbul und 2. heiraten verdammt viele Menschen in Istanbul. Jede Location am Ufer war mit einer Hochzeit im Gange, eine pompöser als die andere. Und an verschiedenen Viewpoints gen Sonnenuntergang stapelten sich die Brautpaare für das passende Foto. Wahnsinn.

Irgendwann neigte sich unsere Bootstour dem Ende zu und wir fuhren mit dem Bus weiter zu unserem gratis Abendbrot. Da lässt sich Turkish Airlines auch nicht lumpen und bucht mal eine Location direkt am Bospurus in bester Lage. Ich schätze, viele der Brautpaare hätten gerne diese Location gehabt. Nun gab es zwar kein Hochzeitsmenü, aber es machte satt und es schmeckte auch ganz okay. 

Das einzige Problem, dieses Restaurant hatte keine Toilette. Gibt es nicht? Doch, also bitte die nächste öffentliche Toilette anpeilen und sofort von der persönlichen Bucketlist streichen. Denn so etwas gefällt meinem verwöhnten europäischen Hintern gar nicht. Aber ich will nicht weiter schimpfen und beschreibe dieses Erlebnis einfach nicht weiter.

Gegen 22:00 Uhr fuhr dann der Bus zurück gen Flughafen, damit auch kein Tourist seinen Anschlussflieger verpasst. Georg schlief wieder und Swen und ich nicht, da unser Insta-Fan zwar nicht mehr laut Videos konsumierte, aber dafür schnarchte als hätte er Lautsprecher im Rachen verbaut. Wer braucht schon Schlaf auf solch einer Reise?

Kaum wieder im Flughafen warteten wir auf die Ansage unsere Abfluggates und überbrückten die Wartezeit mit einem Glas Bier. Der Erdogan hat zwar einen wirklich tollen Flughafen hier in Rekordzeit hingebaut, aber es scheint auch, dass man hier ganz schön dafür blechen muss. Für unser Gläschen Bier bezahlten wir mehr, als zu Hause für einen ganzen Kasten. Dieses Glas geht als teuerstes Bier aller Zeiten in unsere Geschichtsbücher und Kreditkartenabrechnungen ein. Nun waren wir der Turkish Airlines noch dankbarer für diesen fast 5 Stündigen Ausflug. Wären wir im Flughafen geblieben, wären wir schon vor dem eigentlichen Urlaubsziel pleite gewesen.

Aber wenigstens waren wir jetzt gechillt und freuten uns auf baldiges Schlafen in der Sitzposition. Bei einem Abflug um 1:45 Uhr sehnt man sich schon fast ein Nachtflugverbot herbei. Noch schlimmer wird es, wenn sich der Flug um fast 2 Stunden verzögert und man erst 3:40 startet. Das grenzt nach solch einem Tag an Folter durch Bambussamen, führt aber dazu, dass wir alle drei den Start sowie die erste Essensversorgung völlig verschlafen haben.

Inzwischen bin ich nun zwar verspätet, aber glücklich auf dem heiligen Boden gelandet und Afrika kann sich auf etwas gefasst machen.

Als erstes steht Kapstadt auf dem Plan und so steuerten wir völlig übermüdet, aber doch gespannt vom Flughafen mit unserem Auto Richtung Innenstadt. Ich bin ehrlich froh, dass Swen in diesem Zustand sogar den Linksverkehr akzeptiert hat und nicht in den Townships gelandet ist. 

Uns erwartete hier unser Hotel mit einer recht außergewöhnlichen Zimmerauswahl. Denn wir schlafen in einem herrlichen silbernen Airstream auf dem Hoteldach mitten in Kapstadt. Außergewöhnlich können wir und jetzt brauchen wir erst einmal Schlaf.

2 Antworten auf „28. und 29. Juni 2025 – Schon mal auf dem Dach gecampt?

Add yours

  1. Super toll geschrieben, wir haben in Helsinki auch 11 Euro für ein Bier gezahlt. Ich wünsche euch wundervolle Tage, erholt euch gut und nehmt alles mit was euch begegnet. Liebe Grüße Ines

    Like

Hinterlasse eine Antwort zu Anonymous Antwort abbrechen

Webseite erstellt mit WordPress.com.

Nach oben ↑