7. August 2023 – Pride auf uns

Wetterberichte zur Auswahl unserer Unternehmungen zu studieren ist ungefähr so sinnvoll, wie anhand des Wasserstandes im Teekessel auf die Qualität des Grundwassers zu schließen. Das zumindest ist mein Learning vom heutigen Tag. Denn alle Wetterapps behaupteten einheitlich, dass es heute den ganzen Tag aus Kübeln gießt, egal wo man sich an der Westküste aufhält. Deshalb entschlossen wir uns in Killarney’s Umgebung zu bleiben, um notfalls durchnässt schnell nach Hause in unser Bettchen zu kommen. Soviel zur Wetterapp-Theorie, denn in Summe hat es heute tagsüber keinen Tropfen geregnet. Im Gegenteil, wir spürten sogar einige Sonnenstrahlen auf unserer Haut.

Aber fangen wir mal von vorne an. Zuerst zur Nacht mit den über uns hausenden Lerchen. Diese entpuppten sich doch als Mutanten, denn kaum lagen wir Eulen endlich in unserem Bett kamen diese Mutanten aus irgendeinem Pub und eröffneten die Party zu Hause mit lauter Musik. Das war ungefähr so, als würde der Subwoofer direkt auf meinem Nachtisch stehen. Ich sah mich schon im Negligé ums Haus schleichen bzw. den Geheimgang hinauf nehmen und ihnen einen gewaltigen Mutanten-Englisch-Anschiss zu verpassen. Wenn es bei mir um Schlaf geht, verstehe ich einfach keinen Spaß. Aber kaum hatte ich zum Negligé meine Wanderboots gedanklich angezogen, wurden unsere Lerchen doch wieder brav und gingen mit einem letzten Song ab ins Bettchen. Ihr Glück, dass sie meinen Schlafmangel-Ausbruch nicht erleben mussten und Glück für uns und unseren Schönheitsschlaf.

Appropos Ausschlafen: Während wir jeden Tag gemütlich in den Tag starten ist unsere Große meist schon hellwach und hat die ersten 5-10 Kilometer Morgenspaziergang hinter sich. Das lässt uns in unserem Alter blass aussehen, aber wenigstens haben wir sie nun überredet, immer frische Brötchen mitzubringen. So können wir weiter an unserer Wohlfühlmasse dranbleiben und ausschlafen und sie bleibt weiterhin fit.

Nachdem wir also laut Wetterapp beschlossen hatten in der Nähe zu bleiben, zog es uns in das Gap of Dunloe gleich hinter dem See und den Bergen. Dort konnte man unter zahlreichen Wanderrouten wählen und wir entschieden uns für die lange Wanderung durch das Tal, wobei wir rückzu wieder einen Trip mit dem Jaunting Car ins Auge fassten. Also ging es die lange, lange Straße bergauf zum Head of Dunloe hinauf, vorbei an zahlreichen Seen, Brücken und natürlich Wasserfällen und Wasserläufen. Das auf jeder Wiese links und rechts immer mindestens ein unbenamtes Schaf liegt, hatte ich gar nicht erwähnt, aber es ist so. Übrigens sind hier die Schafe immer farblich gefärbt, statt dass sie ein sinnvolles Namensschild tragen. Die heutigen waren alle Pink und Blau. Nun stellt sich die Frage nach dem Wieso? Also Theorie 1 von Georg besagt, so können sie zwischen Weibchen und Männchen unterscheiden. Ich persönlich schätze aber, dass es da andere Varianten gibt. Theorie 2 besagt, dass sie so die Zugehörigkeit zwischen den Eigentümern klären. Sprich, wem gehört welches Schaf. Ich finde ja, mit einer guten Dressur und Namensschildchen um den Hals ließe sich dies auch einfacher klären. Also bleibt nur Theorie 3: Nach dieser wünschen sich Prada und Gucci halt schon vorab gefärbte Wolle und hier wurde halt Pink und Blau vorbestellt. Die einzig nachvollziehbare Lösung.

Mein persönliches Ziel für diesen Weg war, dass oben endlich mein Gaul mit der kleinen Kutsche auf mich wartete und dass es weiterhin nicht regnete. Als wir nach 2 h endlich oben ankamen, trocken, gab es erst einmal unser übliches Picknick. Jedoch war weit und breit kein einziges Pferd zu sehen. Aber tatsächlich hätten sie hier sein sollen. Auf dem Weg nach oben trabten bestimmt zehn Kutschen mit faulen Touristen an uns vorbei, neben den deutlich mehr Auto’s in denen noch faulere Touristen steckten. Aber wo waren die Pferde? Ich habe keine Ahnung. Und trotz allen Jammerns von Georg und mir, hieß es nun für uns den Weg zurück laufen, da es einfach keine Kutsche gab. Ich persönlich verdächtige ja Swen, der alle Kutschfahrer vorher bestochen hat, dass sie sich bei unserem Erscheinen hinter den Steinen verstecken sollen und grüne Tarnwesten überzuziehen hatten. Nur damit wir unsere aktuelle Schrittausbeute nochmals toppen würden.

Doch es half alles nichts. Wir mussten weiter laufen. Zum Hohn kamen auf dem Weg nach unten wieder ungefähr zehn Kutschen an uns vorbei. Einer der Kutschfahrer demonstrierte seinen täglichen Dialog mit Gott, indem er dem Echo zurief und dieses auch brav antwortete. Das Verrückte daran war nur, dass wir selbiges an haargenau der gleichen Stelle auch versuchten. Wir alle vier schrieen gegen die Bergwand und keiner antwortete uns, nicht mal das Echo. Also entweder hat der Kutschfahrer doch einen direkten Draht zu Gott oder einer seiner Kumpels sitzt jeden Tag am Berg und antwortet ihm, weil er vorher beim Poker gegen ihn verloren hat. Anders kann ich es mir nicht erklären.

Die letzten zwei Drittel des Rückweges liefen wir Alten übrigens getrennt von der Jugend. Und das nicht weil wir es so wollten, sondern weil wir Alten mit dem Tempo der Jugend nicht mithalten konnten. Unsere Knie, Hüften und Füße jammerten um die Wette, während unsere Kinder förmlich über den Asphalt flogen. Ein ganz schön deprimierendes Gefühlt. Als dann bei Swen noch Wadenkrämpfe einsetzten, die er eher lustig als schmerzvoll empfand, wurde es langsam albern. Ich dagegen weigerte mich zuletzt einen Käfer zu fotografieren, obwohl selbiger förmlich wie Giselle Bündchen possierte, nur weil ich Angst hatte, nie wieder hoch zu kommen. Doch irgendwann kamen auch wir Dinosaurier am Ausgangspunkt an und wurden von zwei völlig relaxten Kindern empfangen. Darauf gab es erst einmal ein Eis und einen Kaffee.
An der Tatsache, dass es Eis statt Glühwein gab, kann man auch erkennen, dass sämtliche Wetterapps versagt haben, denn mittlerweile schien sogar die Sonne.

Den Tag beschließen wir nun nach einem guten italienisch-irischem Essen mit einem gemütlichen Abend vorm elektrischen Kamin und in meinem neuen Schafswolle-Outfit. Ich durfte nämlich doch mal shoppen gehen und will meinen Überwurf-Poncho gar nicht mehr ausziehen. Gutes Nächtle ihr lieben Schafe, die dafür ihre Wolle gelassen haben. Bei mir müssen es übrigens grau markierte Schafe gewesen sein, wenn wir bei unserer Theorie bleiben.

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