Eine gewisse Vorbereitung gehört ja zu solch einem Auslandsurlaub immer dazu. So setzte ich mich neben der Vorbereitung auf 10.000 Pub-Besuche (eintrinken) und das Ding mit den 3 Millionen Schafsnamen auch mit der hiesigen Kultur auseinander. Und ein Thema ist dieses seltsame Ding mit dem Riverdance. Da stehen lauter Leute auf einer Bühne in entweder engen schwarzen Strumpfhosen und einem kurzen Kleid (weiblich) oder in ebenso engen schwarzen Hosen mit einem Hemd aus den 80’ern (männlich). Und sie tanzen, oder wie man richtig sagt, sie vollführen einen traditionellen irischen Stepptanz zu keltischer Musik. Jetzt darf man nicht an Gene Kelly denken, wobei das „Singing in the rain“ hier in Dublin eine ganz eigene Bedeutung hat. Nein, dieser irische Stepptanz sieht ein bisschen aus, als wäre die Augsburger Puppenkiste auf Speed, wobei sich nur die Beine hektisch bewegen während die Arme still halten, als gehörten sie nicht dazu. Wie schon aus meiner Erklärung zu entnehmen ist, bin ich nicht der größte Fan und sicherlich nicht hier wegen diesem Riverdance.
Allerdings muss ich zugeben, dass dieser Stepptanz mich heute gefühlt an meinem ersten irischen Tag verfolgt hat bis in meine Träume. Aber fangen wir mal von vorne an. Zuerst hieß es mal nach Dublin zu fliegen. Praktischerweise hat sich in diesem Jahr, und nur in diesem Jahr, eine Airline schweren Herzens geopfert direkt von Leipzig nach Dublin zu fliegen. Das war unsere Chance, die wir nun heute morgen genutzt haben. In dem Zusammenhang war ich mal wieder vom Leipziger Flughafen im Vergleich zu bekannten Dauerbaustellen recht begeistert. Der ganze Vorgang war innerhalb einer halben Stunde in Summe erledigt. Wir haben das Ganze nur ausgeweitet, weil wir dringend Frühstück brauchten. Und der Flughafen hat mittlerweile sogar einen internationalen Flair. Nicht nur, dass hier schon die Avengers die Welt gerettet haben, nein wir haben nun ganz offiziell einen eigenen Duty Free mit allem was dazu gehört. Ich kam mir glatt vor wie am JFK oder LAS.
Dann ging es leicht verspätet in den Flieger. Doch was macht schon so eine Verspätung, wenn man einen schönen ruhigen Fensterplatz hat. Hatte ich nicht. Denn sowohl vor mir, als auch hinter mir, was noch schwerer wog, saßen jeweils eine Mutter mit zwei Kleinstkindern. Mir schwante Schlimmes. Und was soll ich sagen, ich bekam eine gratis Riverdance-Vorführung. Okay, ich hatte sie weder gewollt noch versehentlich gebucht, aber dennoch trampelte Kind Nummer eins hinter mir einen astreinen irischen Stepptanz in meinen Rücken, direkt auf meine Bandscheibe, die gerade ihre zehnjährige OP-Wunde gefeiert hatte. Es fehlte nur noch die keltische Musik, aber daran probierten sich Kind 2, 3 und 4 in meinem direkten Umkreis. Okay, es war eigentlich nur Geschrei, aber mit etwas Fantasie machte ich mir meine eigene kleine Riverdance-Vorstellung steppend auf meiner Bandscheibe und meinem Trommelfell. Ich kann euch sagen, was war ich froh, dass der Flug nur 2 Stunden dauerte. Jedenfalls bekam mein Sohn danach eine Spontanumarmung inklusive feuchtem Schmatzer, nur weil er genau so etwas nie gemacht hat.
Den Flug hatten – trotz der Strapazen – ich, meine Bandscheibe und mein Trommelfell gut überlebt und so setzten wir uns schnellstmöglich von den Mutter-Kind-Kombis ab und fuhren mit dem Dublin-Express in die City. Und wer jetzt denkt, dass nun ein langweiliger Anreisetag folgt, kennt uns noch nicht. Denn wir hatten gleich unseren ersten Termin. So ging es direkt, mit einem kleinen Umweg über eine Imbissbude und unser Hotel, rein in die Altstadt zum Trinity-College. Hier setzte dann auch unser erster irischer Regen ein und wir testeten Regenjacken und unsere Schuhauswahl. Übrigens werde ich mir morgen noch Gummistiefel besorgen.
Unser erstes Ziel war jedoch die große Bibliothek des Trinity College mit dem Book of Kells. Dank Vorab-Planung hatten wir die Tickets sicher auf dem Handy und konnten mit dem Audioguide durch die Bibliothek schlendern. Da Georg und ich uns die Airpods teilen mussten, während er die Handynavigation übernahm und ich fotografierte, hatte ich eine, sagen wir mal etwas unstrukturierte Führung durch die Ausstellung. Denn entweder probierte Georg im Sekundentakt die Play- und Pause-Tasten-Funktion aus, oder er verschwand einfach aus meinem Empfangsbereich, oder er wechselte nach seinem Empfinden zwischen den Audio-Guide-Stationen. Wenn mich also jemand über dieses alte Buch ausfragen möchte, kann ich nur sagen: „Sah toll aus“. Aber man kann halt nicht alles haben.










In meiner Reisevorbereitung ist natürlich immer eingeschlossen, mich auf verschiedene Fotospots einzuschießen. Einer davon ist die Long Hall in der Trinity Bibliothek. In meiner Fantasie konnte ich sie ohne jegliche Menschen ganz in Ruhe und voller Schönheit ablichten. In der Realität sah alles anders aus. Erstens konnte meine Familie keine Eingangssperre errichten. Ich hatte den Vorschlag von einer „Wir kleben uns vor den Eingang“ gemacht, aber das wäre wohl etwas zu politisch gewesen. Also waren wir nicht so ganz allein, wie erhofft. Und während es also Menschen in Hülle und Fülle gab, fehlte etwas anderes fast völlig. Nämlich die vielen, wunderschönen, alten Bücher. Den just zur aktuellen Zeit, werden selbige und die dazugehörigen Regale restauriert und so begrüßten uns leere Regale ohne Bücher.
Einen letzten Versuch für ein gutes Foto wollte ich jedoch nicht verpassen und so bequatschte ich den Wachmann, der meinem Charme und meiner Verzweiflung jedoch nicht erliegen wollte. Naja, ich mag meine Foto’s trotzdem. Und wenn ich beim nächsten Besuch den Brandmelder finde, dann bekomme auch ich noch mein menschenleeres Foto.
Nach dem ersten Fitzelchen Kultu ging es tiefer in die Altstadt südlich des River Liffey und damit in Richtung Temple Bar. In dem Wörtchen Bar steckt ja eigentlich schon alles drin, denn hier entdeckten wir unsere ersten Pubs und ich muss zugeben, dass im vorigen Artikel ausgelobte Ziel könnte schwierig werden. Aber jede Herausforderung beginnt mit dem ersten Schritt und so kehrten wir in unseren ersten Pub ein, was gar nicht so einfach war. Denn alle der tausend Pubs im Umkreis von 5 Kilometern waren voll. Nun könnte man meinen, sorry Jungs, aber es gibt wirklich genug an Pubs, aber irgendwie war es, als hätten alle Dubliner ein feuchtes Zuhause. Okay, bei dem Wetter, kann es durchaus so sein. Aber nein, der eigentliche Grund war ein historisches Finale im Gaelic Football der Dubs gegen die Kerry’s im ersten All-Ireland Finale. Was zum Teufel ist nun wieder Gaelic Football. Ich bin gerade froh, dass ich mit Georg’s Fussball-Wissen zumindest rudimentär mitkomme. Aber eine Sportart, wo alle Spieler mit Händen und Füßen auf unterschiedlich große Tore schießen, überfordert mich nun doch. Wenigstens gab’s ein irisches Kilkenny dazu und meine für heute hoffentlich letzte Vorführung des Riverdance. Denn während wir dem Gaelic Football folgten und die Dubs in diesem spannenden Finale alles gaben, parallel ein Live-Musiker noch versuchte, dies alles noch zu übertönen, fiel mir auf dass die ganze Decke über uns bebte und sich rhythmisch hebte und senkte. Zuerst sah ich im Bier den Schuldigen, aber auch unsere nüchternen Kinder sahen das gleiche Phänomen wie wir. So konnte es daran nicht liegen. Und während wir sicherheitshalber zahlten und das alte Gebäude auf direktem Wege verließen, hielt ich Ausschau nach dem Hinweisschild für eine Riverdance-Dance-School in der oberen Etage. Alles Riverdance hier in Irland. Gute Nacht liebe Lesende.





Hinterlasse einen Kommentar