1. August 2023 – Sheep like a Baby, tonight

Endlich war es soweit, wir konnten uns auf den Weg machen, die grüne Insel zu erkunden. Denn Dublin war nur der Anfang und die Einstimmung. Nun hieß es mit dem Mietwagen im Uhrzeigersinn eine Runde rumzufahren. Und damit stand am Anfang des heutigen Tages der Drang nach einem Mietwagen. Also mit dem sehr günstigen Dublin Express Return-Ticket zurück zum Flughafen und den vielen Car Hire Stationen. Soweit so gut, aber wenn man sich zwischen zwei Uferseiten und den Bushaltestellen an eben diesen entscheiden muss, ist es gar nicht so einfach. Auf der einen Seite dauert die Fahrt 50 Minuten, auf der anderen nur 20 Minuten und zwischen beiden Stationen liegen fünf Minuten Fussweg über die Brücke. Ich brauch nicht erwähnen, dass wir blöderweise die Route mit 50 Minuten gewählt haben, unwissend und Gott-sei-Dank ohne Zeitdruck. Also wenn jemand zum Flughafen will, erkundigt euch bitte, welche Seite, die Richtige ist. 

Fakt ist, dass wir am Flughafen ankamen und somit auch unsere Mietwagenfirma fanden. Ich habe in meinem Leben noch nie völlig wach und im Vollbesitz meiner Übersetzungskräfte an einer Mietwagenstation gestanden. Die Angestellten fangen immer an loszurattern und ignorieren die vielen Fragezeichen auf meiner Stirn. Wirklich jedes einzige Mal. Dieses Mal haben sie meine Verwirrtheit gänzlich ausgenutzt, was uns letztendlich eine gesperrte Kreditkarte und diverse Zusatzkosten beschert hat. Ich bin dafür, dass solche Mietwagenstationen abgeschafft werden. Denn schließlich habe ich mich schon durch diverse Vergleichsseiten im Internet geklickt und das muss reichen. Warum noch diese stundenlange verwirrende Beratung vor Ort. Ich will doch nur einen Autoschlüssel zu den ausgewählten Bedingungen. Was kann denn daran so schwer sein?

Naja, letztendlich haben wir unseren Mietwagen bekommen, einen Franzosen mit tatsächlich reichlich Platz für unser nicht ganz so schmales Gepäck. Wir mussten also kein Tetris spielen und haben die Zeit lieber dafür genutzt, dass Auto kennenzulernen. Und so ging es los, unser Abenteuer. Zuerst einmal die Plätze einnehmen und mit zielsicherer Präzision fanden Swen und ich den richtigen Platz: Er hinter dem Lenkrad auf der rechten Seite und ich auf unserer neuen Beifahrerseite. Auch den Schalthebel, Blinker und vor allem den Scheibenwischer haben wir trotz des Durcheinanders in den englischen Autos sofort gefunden. Der Scheibenwischer ist hier ja noch wichtiger als die Sonnenschutzblende.

Zuerst ging es auf die Autobahn und wir lösten gleich dreimal die Maut. Vielleicht muss ich hier unsere Dummheit mit der Verwirrtheit nach der Mietwagenübernahme erklären. Denn plötzlich wollten wir bei jeder Online-Buchung super vorsichtig sein. Und da kein „Herzlichen Glückwunsch, Sie haben erfolgreich die Maut von 3,50 € gebucht!“ erschien, haben wir halt irgendwie dreimal gebucht, bevor wir unseren Fehler erkannt haben. Ich sag’s Euch, ich verlasse nie wieder am Morgen ein Hotel ohne einen erweckenden Kaffee. Gott-sei-Dank muss ich nun nicht fahren, sondern kann mich auf der Beifahrerseite damit beschäftigen, Swen gelegentlich zu warnen, wenn er zu weit links fährt.

Und das tat er dann doch tatsächlich, nachdem wir die Autobahn Richtung Powerscourt Gardens verlassen haben. Die Straßen wurden enger und enger und die Insel machte ihrem Namen alle Ehre. Ich glaube, wäre hier nicht ein gewisses Grundaufkommen an Verkehr, würde sich die Natur heimlich über Nacht alle Straßen und Wege zurückholen und überwuchern. Es ist wirklich unfassbar grün hier. So habe ich meinen Achtung-Spruch auch von „Gras, Gras, Gras“ auf „Farn, Farn, Farn“ geändert. Passt einfach besser. Und wären wir bei schönem Wetter mit geöffneten Beifahrerfenster gefahren, so hätte ich wohl am Ende der Fahrt meinen Mund voller Farnblätter gehabt und hätte nebenbei einen Blumenladen eröffnen können.

Doch manchmal hört auch mein Mann auf mich und so kamen wir wohlbehalten an unserem ersten Stop, den Powerscourt Gardens, an. Ein riesiges Gelände, welches einfach nur prachtvoll ist. Obenauf thront ein sehr schmuckes Herrenhaus und ins Tal führt ein Garten, den der Sonnenkönig wohl gerne adoptiert hätte. Der Rasen ist nicht nur schön, sondern einfach fantastisch und weit und breit weder ein Wühlmaus- noch ein Maulwurfhügel. Aber ich schätze diese Tierchen sind mit der Farnspeisekarte fernab des Garten mehr als zufrieden und halten sich die dicken Bäuche, während sie über ihre deutschen Artgenossen lachen. Wir jedenfalls genossen den Anblick und ich fotografierte mal wieder jede Blüte und jeden Baum. Auch ein Dornröschen-Turm wurde uns geboten und ein toller japansicher Garten.

Dann ging es weiter zum Powerscourt Wasserfall, dem wohl höchsten in Irland. Diesen sah man schon vom Parkplatz aus und man konnte durch eine riesige Picknickarea hin spazieren. Okay, er war kein Victoriafall, aber dennoch wunderschön anzusehen. Das Beste war die Tatsache, dass man am Grund des Wasserfalls schön klettern konnte. Hiervor wurde wegen der Gischt des Wasserfalls zwar gewarnt, aber inzwischen waren wir schon so sehr an den stetigen Nieselregen gewöhnt, dass uns das nicht abhalten konnte.

Danach peilten wir unseren heutigen Übernachtungsstandort an. Hier hielt ich eine Überraschung parat. Da ich ja eh diejenige bin, die sich vorher um die Komplettplanung der Reise kümmert und sich meine Familie sehr darauf verlässt, dass Dani dass schon alles super macht, kann ich mir auch gelegentliche Eskapaden leisten. Und so hatte ich für eine Nacht eine Übernachtung in einem Pferdeanhänger gebucht. Einmal nächtigen wie die Gypsy’s ganz romantisch in der Natur, mitten in einem kleinen Wäldchen. Okay trotz aller Romantik kamen von meinen Mitreisenden so Äußerungen wie:

„Ist da überhaupt Platz für uns alle?“
„Wo sollen wir dann mal auf Toilette?“
„Gibt es W-Lan?“

Aber als sie die Feuerschale sahen, zog auch bei meinen Mitreisenden ein Hauch von Romantik auf. Okay, ich konnte auch die restlichen Fragen zu ihrer Zufriedenheit beantworten. Also die Toiletten sind der nächste Baum (in der Nacht) oder die nur 300m entfernte Gemeinschafts-Toilette. W-Lan gibts bei gutem Wind genau an einer Stelle, nämlich dem Gemeinschaftsraum und wenn man im Pferdewagen alle Sitzgelegenheiten umbaut, hat man vier tolle Betten. Zwar bleibt dann nur noch eine Fläche von 50x50cm zum Stehen übrig, aber wer will schon beim Schlafen stehen?

Doch zurück zur Romantik. Es regnete ausnahmsweise mal nicht und es kamen sogar ein paar Sonnenstrahlen durch. Also ab in den Supermarkt und für das Outdoorevent einkaufen: Burgerpaddies, Brötchen, Tomaten, Burgersauce und Käse. Mehr brauchten wir nicht zu unserem Glück. Denn vor Ort war schon für alles andere (Holz, Holzkohle, Anzünder und Marshmellows) gesorgt. Jetzt mussten wir nur noch das mit dem Feuer hinbekommen. Angesichts der schon erwähnten Tatsache, dass es hier eigentlich immer mal regnet, kein ganz einfaches Unterfangen. Ich übernahm also das Lagerfeuer, während Swen sich um den Grill kümmerte. Und was soll ich sagen?

Gorillaschläge auf meinen Brustpanzer
„Ich habe Feuer gemacht!“

Es war nicht einfach, es war nicht leicht. Jetzt habe ich Arme wie Popeye und verquollene Augen vom Rauch, aber das Feuer brannte. Zuerst habe ich es mit Blasen probiert. Aber nach den ersten Minuten, war zu befürchten, dass ich mich in Kürze in Ohnmacht blase. Also habe ich mal lieber das Schneidebrett als Feueranwedeler missbraucht und alles gegeben. Hat nur höchstens eine Stunde gebraucht ein ordentliches Feuerchen zu zaubern. Aber dann war es umso schöner. Mit Decken eingehüllt, genossen wir vorm Feuer unseren Burger und die perfekten Marshmallows. Und was soll ich sagen, es hat in dieser Umgebung einfach unglaublich geschmeckt.

Gegen 22 Uhr kam der Regen wieder und so machten wir uns alle Bettfertig. Dies gleicht in solch einem Pferdewagen echt einer artistischen Leistung zu viert. Aber irgendwann lagen wir im Bettchen und schliefen bei dem Sound des Regens ein. Wenn einer von uns Vieren sich bewegte, wackelte der ganze Wagen, als hätten wir Seegang und der Regen intonierte dieses Gefühl noch kräftig. Bis nachts um zwei, als plötzlich Georg aufsprang und laut rief: „Mama, ich muss mal pullern“. Da er an der hintersten Position des Wagens schlief, hieß es nun spontan Gemeinschaftspinkeln. So etwas schweißt eine Familie erst richtig zusammen, wenn man nachts, leicht begleitet aus dem Wagen kriecht und gemeinschaftlich an vier verschiedenen Tannen kichernd pullert während der Regen auf den Rücken plätschert. Romantik pur.

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