Ja, was hat er? Wir befinden uns nur wenige Tage vor der Wahl und laut Medien muss ich davon ausgehen, dass die Mehrheit in Deutschland schon ihre Wahl getroffen hat. Also gehe ich auch einfach mal davon aus, dass ich mir somit alles zu diesem Thema fromm und fröhlich von der Seele schreiben kann, ohne jemanden unnötig zu beeinflussen. Andererseits wünschte ich, ich könnte den ein oder anderen doch noch zum Umdenken oder Nachdenken bewegen. Schließlich tragen wir unseren Kopf ja nicht nur zur Freude der zahlreichen Friseure durch die Gegend.
Ich jedenfalls muss zugeben, dass sich meine Entscheidung zwar langsam formt und eigentlich auch schon geformt hat, aber ich irgendwie mich doch noch nicht festlegen kann. Woran liegt dies? Erstens weil es schließlich eine bewusste Entscheidung, ja Wahl ist und man hierfür alles abwägen muss. Es ist ja schließlich nicht die Frage ob ich nun heute eine Pizza Hawai oder doch lieber eine Salamipizza essen will. Es geht um mehr.
Und dann muss ich auch zugehen, es liegt zweitens daran, dass ich so unendlich genervt von all den politischen Diskussionen, dargestellten Politikern, hängenden Plakaten und Mastschonern und den unendlich vielen Meinungsäußerungen bin. Eigentlich finde ich sämtliche Meinungsäußerungen zu diesem Thema entsetzlich und sie bringen mich in meiner Entscheidung kaum ein Stück weiter.
Früher ging es mal darum sich eine Meinung zu bilden und eine Gazette schmückte sich sogar mit einem Slogan selbigen Inhalts. Doch heute geht es hauptsächlich darum, eine Meinung zu HABEN. Und diese eine Meinung wird verteidigt bis aufs Blut.
Solch eine Meinungsäußerung zu politischen Ansichten gipfelte nun in einem Kopfschuss für einen gerade mal 20-jährigen Mann. Ein junger Mann, der sicherlich irgendwann eine eigene Familie, egal welcher Art gründen wollte, oder vielleicht auch nicht. Ein junger Mann der sicherlich noch vorhatte so einiges zu erleben. Vielleicht auch Dinge, die vielleicht nicht so korrekt sind, in den Augen so manchen Rechtshüters. Ein junger Mann, der vielleicht auch am Sonntag eine Wahl treffen wollte. Wir wissen es nicht und er selbst wird es auch nie erfahren. Und all dies nur, weil er auf das vorgegebene Tragen einer Maske bestand. Das war übrigens nicht seine persönliche Meinung oder Ansicht, die er hier vertrat (vielleicht aber sogar das), sondern eine Vorgabe, die er als Arbeitnehmer umsetzen wollte, zum Schutz von allen Menschen. Und weil ein anderes Individuum diese Meinung, nein diese Vorgabe nicht gut fand und keine Lust auf das Hinterfragen seiner eigenen Meinung hatte, zog er einfach eine Waffe und drückte ab.
Wo leben wir eigentlich und was ist aus den Werten geworden, die über Jahrhunderte von Eltern an Kinder weitergegeben wurden. Übrigens von Eltern, die weit schlimmeres erlebt hatten, als das Tragen einer Maske, und das ganz egal, zu welcher Zeit in den letzten Jahrhunderten diese Vorfahren gelebt haben. Ich bin einfach nur traurig, schockiert, wütend und entsetzt von dieser Entwicklung. Und während ich hier mit meinen Gefühlen kämpfe und mein Werteverständnis zum Durchhalten anflehe, messagen Querdenker und Rechtsextreme auf diversen Kanälen, dass sie dafür Verständnis haben und endlich mal was passieren muss, während sie gleichzeitig zu Waffengewalt aufrufen.
Ich frage mich, ob diese Reaktion auch von überzeugten Menschenfreunden und Maskennutzern gekommen wäre, wenn der Jugendliche, statt der korrekten Aufklärung über die Maskenpflicht, zur Waffe gegriffen hätte und das „Problem“ der fehlenden Maske so gelöst hätte. Hätte dann heute Angie gepostet: „Hier sollten sich alle ein Beispiel daran nehmen, konsequent!“. Mein Werteverständnis ruft gerade: Nein, dass wäre so nie passiert, noch nicht einmal im Ansatz.
Wäre ich in diversen Kanälen unterwegs, hätte ich natürlich schon längst eine andere Meinung übergeholfen bekommen. Nämlich, dass quasi Angie herself dieses Szenario selbst inszeniert hat, um die armen „Klardenkenden“ so zu diskreditieren. Da frage ich mich nur, warum es dennoch gelobt wird und als Bestätigung genutzt wird? Ist schon praktisch, wenn verschiedene Medien einen sofort eine fertige Meinung präsentieren. Muss man nicht selber nachdenken und vor allem ist es nicht so nervenzerreißend wie gerade mein Werteverständnis, dass an seinen Grundfesten zweifelt.
Ist es wirklich so schwarz und weiß? Ich merke nur, dass sich von Tag zu Tag mehr Fronten bilden zwischen den Einen und den Anderen. Einen Austausch oder eine vernünftige Diskussion im Freundes- und Bekanntenkreis ist nahezu nicht mehr möglich, denn es geht nicht mehr darum sich eine Meinung zu bilden. Es schmerzt, wenn man Bekannte und Freunde verliert, weil man unterschiedlicher Meinung ist. Früher hatte man auch unterschiedliche Meinungen, aber dennoch sehr viele Gemeinsamkeiten und konnte es auch mal zulassen, dass ein Freund vielleicht Recht hat mit seinen Ansichten. Man nahm einen Rat gerne an, wenn man genug Gemeinsamkeiten hatte. Heutzutage aber verschwinden diese Gemeinsamkeiten und verlieren an Bedeutung.
Doch die größte Gemeinsamkeit ist doch, dass wir alle hier in Deutschland, in Europa, auf der Welt leben. Wir alle haben Freunde, Bekannte, Familie, Kinder. Uns allen geht es deutlich besser, als zum Beispiel unseren Parallelmenschen in Burkina Faso. Wir alle wollen, dass diese Welt, wie wir sie erleben, noch Jahrtausende Bestand hat. Ich, und ich bin überzeugt, dass ich nicht die einzige bin, will, dass es meinen Kindern, Enkelkindern, Urenkeln und weiteren Nachkommen mindestens so gut geht wie mir jetzt und ich wünsche all meinen Nachkommen, deren Freunden, Partnern und Bekannten alles Glück der Erde. Denn sonst würde mein eigenes Leben völlig umsonst sein.
Und so wie ich jetzt jeden Monat einen kleinen Betrag an Bargeld für unsere Kinder spare oder dafür spare, mit meiner Familie in den Urlaub fahren zu können, so bin ich auch bereit meinen Teil für deren bessere Zukunft zu tragen. Denn warum sollte das jemand anderes für mich übernehmen. Sind ja schließlich meine Bälger.
Und damit das funktioniert, dafür muss ich mich anstrengen, dafür muss ich mir einen Plan zurechtlegen und vor allem muss ich aufhören, nur an mich zu denken. Denn es geht nicht um mich.
Natürlich bedeutet dies, dass Veränderungen auf mich zukommen und natürlich fallen mir, wie allen Menschen, nicht alle Veränderungen leicht. Aber wenn sie etwas bewirken und ich die Chance habe mein Ziel zu verfolgen, dann nehme ich jede Herausforderung an, auch wenn dies bedeutet, dass ich Dinge tun muss, die mir nicht leicht fallen und die Entbehrungen bedeuten.
Doch selbiges passiert nun schon seit Jahrtausenden. Das ist nichts Neues. Das habe ich mir jetzt nicht mal so spontan einfallen lassen. Das ist das Leben. Es war nie der bequeme und leichte Weg und nie konnte man mit hundertprozentiger Sicherheit sagen, ob es ein guter Weg ist. Aber jeder in der Menschheitsgeschichte hatte für sich immer die Wahl. Ich bin nicht gläubig und doch weiß ich, dass jedem Menschenkind auch von Gott der freie Wille, die freie Wahl gegeben wurde. Jeder kann entscheiden, ob er nach links, nach rechts oder geradeaus gehen will. Aber jeder musste sich auch der Auswirkungen für sich und seine Kindeskinder bewusst sein.
Deshalb treffe ich auch am Sonntag nun meine Wahl, weil ich die Chance dazu habe. Einfach nur, weil ich die Möglichkeit dazu habe und diese auch nutzen will. Und ich weiß, ich werde aus Respekt vor meinen Kindeskindern und meinem Werteverständnis nicht nach rechts abbiegen. Ich werde dahin gehen, wo ich das Meiste für meine Familie tun kann, nicht für mich, sondern für meine Nachkommen.
Und ich weiß schon jetzt, dass ich mich am Sonntag für mein Bundesland und über 20% dessen Bewohner einen langen Moment schämen werde. Aber ich weiß auch schon jetzt, dass ich auf die verbleibenden hoffentlich mehr als 70% sehr stolz sein werde und vertraue darauf, dass auch diese 70% nicht nur an sich denken und ein stabiles Werteverständnis haben. Denn dann können wir es schaffen, so viele Dinge, die aktuell verändert und angepackt werden müssen, auch richtig anzupacken. Dann habe ich Vertrauen, dass es eine Zukunft für meine Nachkommen geben kann.
Und ich mag die Hoffnung nicht aufgeben, dass in einem Bundesland mit Menschen, die einen tollen Dialekt ihr Eigen nennen, der so viel Freude in der Sprache enthält, mit Menschen, die von jeher das Miteinander gesucht haben, wo es schon immer Nachbarschaftshilfe, Gartenvereine, Sportvereine und tausende Gemeinnützige Stätten gab, dass diese Menschen mal kurz das „ICH“ vergessen und an das „WIR“ und vor allem unsere Kinder denken. Bitte trefft alle eine Wahl mit der Ihr in letzter Konsequenz leben könnt und mit der ihr Euren Enkeln noch in die Augen schauen könnt. Und falls ihr dazu noch Hilfe bei der Meinungsbildung braucht, lest Geschichtsbücher und Zeitzeugenberichte und fragt mal alte Nachbarn, wie es noch vor Jahrzehnten war, zb. das Wetter oder die Arbeit oder die Lebensumstände. Fangt wieder an miteinander zu reden, statt vorgefertigte Meinungen zu konsumieren. Schaltet das Handy ab und den Fernseher aus und schaut Euch Eure Familien an.
Es sind an dieser Stelle, nur nochmals betont, nur meine Gedanken zu einem Thema, welches viele aktuell umtreibt. Ich weiß, ich kann niemanden bekehren und das will ich auch gar nicht. Denn schließlich muss sich jeder in letzter Konsequenz seine eigene Meinung bilden: Will er derjenige sein, der für die Menschheit zum Beispiel eine Maske verteidigt, die niemanden Schaden zufügt oder will er derjenige sein, der abdrückt und meint im Recht zu sein. Ich habe meine Wahl im Einverständnis mit meinen Werten schon weit vor dieser Tat gefällt.
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