Eine Zugfahrt die ist lustig…Auf der Südostpassage durch Afrika..Teil 1

Woche Nummer 10 im Corona-Home-Office und ich brauch dringend eine Reise und einen gepackten Koffer und wenn es nur mein imaginärer Kopf-Koffer ist, den ich packe und auf Reisen schicke. Habe nochmal durch meine alten Abenteuer und die dazugehörigen Reisetagebücher gestöbert und bin bei meiner Reise von 2009 auf der Südostpassage durch Malawi, Mosambique, Tansania und Sansibar hängen geblieben. Also steigt ein in meinen Zug und findet heraus, warum ich dieses Synonym gewählt habe. Dieses Mal reisen ich nicht nur mit mehr als einem Ersatzsschlüppi, sondern auch mit meiner besten Freundin Steffi, dafür ohne weitere Gruppenmitglieder, mit etwas weniger Adrenalin als durch den Kongo, aber trotzdem reichlich Abenteuer, mit weniger Tieren und dafür mehr Kultur, aber immer noch mit einer reichlichen Portion Afrika und unendlich viel Spaß.

Was viele nicht mehr wissen, so war auch 2009 ein Jahr der Pandemie. Die Schweinegrippe wurde zur offiziellen Pandemie und stellte einiges auf den Kopf. Nur keiner erinnert sich mehr daran, was mir Hoffnung gibt. In 11-12 Jahren verharmlosen auch wir das Jahr mit Corona und erinnern uns nur noch an die schönen Momente.

Wenn wir dann später zurückblicken auf Corona, werden wir uns lachend in den Armen liegen und sagen: „Das waren vielleicht verrückte 12 Jahre!“

Ende 2009 war auch ich infiziert mit der Schweinegrippe, litt wie ein Hund und grunzte so vor mich hin mit meinem Ringelschwänzchen. Aber ich kann mich noch daran erinnern, dass zu unserem Reisebeginn Anfang August 2009 in Deutschland die Schweinegrippe nur eine ferne Bedrohung aus dem TV war. Die WHO hatte seit Juli das ganze als Pandemie betitelt, aber ich kann mich nicht an irgendwelche Auswirkungen oder Maßnahmen in Deutschland erinnern. Umso überraschter war ich bei der Einreise nach Malawi. Hier erwartete mich ein Fieberthermometer zur Begrüßung noch vor der Passkontrolle und ein Verhaltensregel-Blatt to go. Aus heutiger Sicht fortschrittlich und vorausdenkend. Damals fand ich es befremdlich, dass ich darauf hingewiesen wurde, bei Krankheitssymptomen bitte mindestens 7 Tage zu Hause bleiben zu müssen und jeglichen Kontakt zu meiden. Heute fühlen sich 7 Tage schon wie eine Luxusvariante von dem gerade Erlebten an.

Aber zurück nach Malawi. Ohne Fieber, dafür mit Merkblatt durften Steffi und ich nach Malawi einreisen. Wir schüttelten die Sorgen um H1N1 ab und fuhren am 6. August an den wunderschönen Lake Malawi ins Senga Bay Safari Beach Resort. Natürlich fuhren wir nicht alleine, auch wenn wir uns keiner Gruppe angeschlossen hatten. Wir hatten für die nächsten 3 Wochen unseren eigenen Fahrer, Guide, Vogelkundler, Beschützer, Übersetzer, Aus-der-Patsche-Helfer, unseren Osman. Und einen besseren Ich-kann-Alles-Superman konnten wir uns echt nicht wünschen.

Rund 3 Stunden dauerte die Fahrt zum See und wir lernten Osman und unser Auto schon einigermaßen kennen. Das Auto, ein weißer Jeep, bestand aus einer Armada von Steinschlägen, die Carglasaugen zum Glänzen gebracht hätten. Auch hatte es so seinen eigenen Willen, mal sprang es an, mal nicht, mal ging die Tür auf, mal nicht. Dies würde uns in den kommenden Wochen noch mächtig viel Spaß bringen und am Ende der Reise war ich bereit einen Adoptionsantrag für dieses Auto zu unterschreiben. Irgendwie war dieses Auto auch für uns bestimmt, denn es hatte einen Aufkleber vom Bundesland Sachsen an der Stoßstange und wir als geborene Sachsen sahen hier ein ganz sicheres Zeichen. Es musste einfach ein Zeichen.

Unterwegs saugten wir die ersten Eindrücke von Malawi auf. Farbenfroh und menschenvoll würde ich es umschreiben. Während wir so in unserem Schutzengel-Jeep fuhren, liefen parallel immer mindestens zehn bis hundert Menschen zu Fuß die Landstraßen entlang. Kein leeres Fleckchen zwischen dem Flughafen und dem Lake Malawi. Außerdem war die Fahrt ein Shopping-Erlebnis oder die längste Shopping-Meile meines Lebens (bis zu diesem Tag), denn alle paar Meter bot jemand etwas feil. Es gab Zuckerrohr an der Stange und Tomaten, die jede Gemüsetheke blass werden ließen. Sie waren so ordentlich über ca. 50 m Stand gestapelt, dass ich schon allein dafür einen Film hätte verknipsen können. Das Problem dabei, es sah so toll, so geordnet aus, dass man sich nicht getraute etwas wegzunehmen und zu kaufen. Dann doch lieber wieder Tomaten-Wühltisch, verkauft sich besser.

Und es gab Mäuse am Spieß und ich schwöre, ich probiere ja normalerweise alles mal aus, aber Mäuse kommen mir nicht über meine Lippen. Auf Nachfrage erfuhren wir von unserem Superman-Informationsbüro Osman, dass hier die Feldmäuse aus den Löchern getrieben wurden, direkt in die nächste Grillzange und damit ins nächste Feuer. Aufgespießt auf einen Stock und schön durchgebraten, wurden sie am Zehnerspieß von den Malawi-People inklusive Restfell und Schwänzchen gegessen und genossen. Da lob ich mir doch den Gasthof mit dem goldenen EMMMM an unseren Straßen, wobei vielleicht auch hier schon die ein oder andere Maus dabei war.

Nach dieser kulinarischen Fahrt kamen wir irgendwann am Lake Malawi an und wollten unsere Terrasse im Haus Nr. 7 mit Blick auf den See eigentlich gar nicht mehr verlassen. Außendusche auf der Terasse, Ausblick vom Klo, Himmelbett zum riesigen See und der Sonnenaufgang vor der Nase. Nur eines fehlte zu meinem Glück. Ich hatte mein Notizbuch für das Reisetagebuch zu Hause vergessen. Das ist ungefähr wie Reisen ohne Koffer durch den Kongo oder eine Kamera ohne Akku. Also bekam unser Superman-Nothelfer Osman gleich die unglaublich wichtige Aufgabe, mir irgendwie ein Notizbuch zu besorgen.

Doch bevor es soweit war ging es für uns am nächsten Tag auf „eine Insel mit zwei Bergen“ mitten auf dem See. See ist an dieser Stelle übrigens die Untertreibung des Jahrtausends, denn der Lake Malawi ist so riesig, dass man am Horizont kein Ende sieht und ein Ende noch nicht einmal erahnen kann. Also hatte es etwas mehr von Meer und damit hatte die Insel eher etwas von einer einsamen Insel, auf der noch nie Menschen gelandet waren. Ich war kurz Robinson und Steffi mein Freitag. Wir erklommen die Berge der Insel, doch letztendlich sah man auch von hieraus nur Wasser und somit war es dann doch gar nicht so aufregend auf der Insel, wie Robinson und Freitag hofften. Aber es musste nach dieser Bergbesteigung von unglaublichen 100 Metern doch eine Abkühlung im kühlen Nass sein. Blöderweise gab es diese Bilharziose inklusive dem gutgemeinten Hinweis, möglichst gar nicht Baden zu gehen. Diese klitzekleinen Erreger dringen irgendwie unbemerkt durch die intakte Haut, wachsen zu Würmern heran und können bis zu 15 Jahre im Menschen überleben, während sich der Befallene mit einer chronischen Infektion herumschlägt inkl. Fieber, Schwindel und blutigem Urin. Mit diesem Wissen stand ich nun schwitzend und triefend vor dem kühlen, glasklaren Nass, konnte die tollen Malawi-Fische sehen und wollte eigentlich nur HINEIN. Sagen wir es mal so, inzwischen sind fast 11 Jahre vorbei und ich habe noch immer keine Symptome. Denn als die Bootsfahrer, die uns auf die Insel gebracht hatten, in die Fluten sprangen, bastelte ich mir schnell eine überlebenswichtige Theorie zusammen und ging mit ihnen baden:

Wo die Einheimischen baden, sind diese Bilharziose-Dinger ganz sicher nicht, sonst würden sie doch hier nicht baden, oder?!

Wie gesagt, bisher sind keine Würmer unbekannten Ursprungs aus mir herausgekrochen, dafür war ich nun abgekühlt und happy.

Kaum wieder an Land besuchten wir noch ein Fischerdorf und ich hatte links und rechts ein Kind an der Hand, das hartnäckig versuchte, die weiße Farbe von meiner Haut runterzurubbeln. Nun war ich nicht mehr die „Weiße“ sondern eher die Rot-Hand. Aber der Geruch von Geld musste uns irgendwie mit der weißen Farbe anheften und auch das schlechte Gewissen, dass wir hier Urlaub machen, während die Kinder uns anbetteln. So schwer es in solchen Momenten auch ist, dem Betteln nicht nachzugeben, es ist keine Lösung, sondern verschlimmert es nur. Denn sobald ein Kind mit etwas Geld von einer Betteltour zurück kommt, werden zehn Kinder losgeschickt, es ihm gleich zu tun. Wenn man etwas geben will, dann vielleicht wie wir Stifte, Spitzer, Papier. Sicherlich auch nicht der perfekte Weg, aber wir waren nicht lange genug da, um die Welt zu verbessern.

Wo uns schon der unangenehme Geruch des reichen Weißen anheftete, ging es auch gleich zur zweiten längsten Shoppingmeile (bis zu diesem Tag) für uns. Ich brauchte ja immer noch ein Notizbuch und Superman-Wunscherfüller Osman fuhr uns in ein Shoppingcenter an der Landstraße. Ganze 43 Holzbuden mit immer gleichen Souvenir-Angeboten, immer gleichen Verhandlungsplattitüden und dem immer gleichen illusorischen Wunsch, dass wir alles aufkaufen, was feil geboten wurde. Wir waren in diesem riesigen Angebot die einzigen Kaufinteressenten weit und breit und so hatte ich das Gefühl, ich will dringend an die Hand von unserem Superman-Beschützer Osman, damit wir hier noch lebend rauskommen. 14 Buden später hatten wir lauter Souvenirs, die wir nicht brauchten und ein wunderschönes Notizbuch mit handgeschöpften Papier. Und wir kamen lebend und mit unseren Wertsachen raus, ohne dass uns die verbliebenen 29 Buden lynchten und ausraubten. Osman avancierte mit seinem Verhandlungsgeschick nun zum Superman-Weltretter und ich war glücklich mit meinem neuen Notizbuch und der Urlaub war gerettet.

Am nächsten Tag ging es weiter nach Mosambik, nach Cuamba. Das Hotel, welches uns erwartete wurde in den Reiseunterlagen wie folgt beschrieben:

„Das Vision 2000 ist sehr einfach und genügte in der Vergangenheit nicht immer europäischen Ansprüchen an Hygiene und Sauberkeit, dennoch ist es noch immer das beste Haus am Platze.“

Na das nenne ich mal ne Ankündigung. Da ich schon in Zeltunterkünften übernachtet hatte, die mir wenigstens als idyllisch oder romantisch beschrieben wurden, war ich echt gespannt, was uns erwarten würde. Seid ihr auch gespannt? Dann folgt mir weiter auf dieser Reise durch das östliche Afrika.

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