Mother i’d like to…ja was denn eigentlich?

Ich gebe zu, dieses ganze Corona-Jahr raubt mir einiges an Kreativität. Aber gelegentlich gibt es diese kleinen, wundervollen Momente im Leben, wo ich aus einer klitzekleinen Situation so viel Kreativität schöpfen kann, dass es im Zweifelsfall auch für ein Buch reichen würde.

So geschehen letzte Woche beim Wocheneinkauf in einem großen Supermarkt, den ich namentlich gar nicht erwähnen will, damit mir keine Werbung angehangen wird. Eigentlich hätte sich diese Situation, über die ich nun schreiben möchte, in jedem x-beliebigen Supermarkt zutragen können. Bedingung wären nur die Einkaufswagen, Kühlregalreihen, eine gewisse Menschenmenge und etwas, dass ich seither sehr, sehr zu schätzen gelernt habe: Unseren geliebten Mund-Nasen-Schutz, den ich ab sofort als modisches Accessoire der besonderen Art verstehe. Ein Gesichts-Aufwerter, er steht nun auf einer Stufe mit meinen wenigen Schminkutensilien, die man dieses Jahr nur upsites der Nase benötigt, und meinem Glätteisen. Also zählt es zu den lebensnotwendigen Existenzgrundlagen einer jeden Frau und sollte auch so genutzt werden.

Nun will ich heute mal kein „Tragt den MNS“ mit Zeigefinger propagieren, sondern den MNS in ein anderes Licht rücken. Also in ein Licht, ähnlich dem wunderschönsten Sonnenaufgang, dem Kerzenschein oder dem Kaminfeuer. Und alles nur, weil ich dieses Erlebnis im Supermarkt hatte. Ja, was denn nun, mögen ungeduldige Leser denken. Aber ich genieße noch so sehr, dass der Spannungsbogen einer überzogenen Gitarrensaite gleicht und ich es dennoch etwas ausreizen möchte.

Okay, was ist denn nun passiert? Als ich letzte Woche nach einem anstrengenden Arbeitstag mit meinem MNS und dem Einkaufszettel in der Hand so durch die Gänge schlenderte, zwischen Wurst, Käse, Joghurt und den Fischkonserven, und mal wieder vergessen hatte, wo diese Mini-Mini-Hefe-Würfel sich in den riesigen Regalreihen wohl verstecken, fiel mir ein Jüngling auf, der mich, mit meinem sehnsuchtsvollem Blick, irgendwie mit seinen sehnsuchtsvollen Blicken durchbohrte.

Erste Reaktion: Mein MNS sitzt wohl nicht richtig und er ist bestimmt von der MNS-Kontrolleinheit. Aber nein, im Gegensatz zu vielen anderen, bedeckte mein MNS alles, was bedeckt sein musste. Es war also nicht so, als würde mir noch eine Nudel aus dem Mundwinkel winken, oder der Hosenstall wäre noch offen. Alles im Bereich des Unpeinlichen.

Zweite Reaktion: Hinter mir muss wohl eine knackige Zwanzigjährige stehen, der diese Blicke gewidmet sind, da der Jüngling auch höchstens Mitte Zwanzig war. Aber nix da, hinter mir steht nur ein fremder leerer Einkaufswagen, der übrigens Hefe geladen hat. Wo verflixt ist diese verdammte Hefe nur?

Also dritte Reaktion: Der Typ meint wohl tatsächlich mich. Sicherheitshalber wechsele ich nochmal in die Reihe mit den veganen Lebensmitteln, stöbere in Unbekannten, drehe mich wieder um und prompt steht der Jüngling wieder vor mir, und blickt in meine Augen. Okay, dann bin wohl tatsächlich ich gemeint.

Und schon stellt sich die nächste Frage:

Warum?

Also wollen wir mal ehrlich sein. Seit wir die Mitte Vierzig überschritten haben, gehört „Flirten“ nicht mehr zu unserem geregelten Tagesablauf. Es kommt ungefähr so häufig vor, wie ein Lottogewinn größer 10 EURO. Also es kommt vor, aber wirklich nicht regelmässig, sondern eher so gelegentlich, selten, fast nie. Wir sind noch nicht an der Grenze zum völlig Unwahrscheinlichen, aber weit entfernt von „Wie immer“.
Da darf man also durchaus schon mal verwirrt sein, warum es nun gerade jetzt bei der Suche nach dieser verfickten Hefe mit einer halben Gesichtsbedeckung passiert, während ich weder rausgeputzt bin, noch die schon erwähnten Schminkutensilien heute überhaupt in der Hand hatte. Dank Corona kann man schon froh sein, dass man nach dem Büro noch schnell aus der Schlumperhose in eine Jeans geschlüpft ist und diese auch noch sitzt und stimmig zum Schlafanzugoberteil passt. Normalerweise läuft man ja so schön inkognito mit diesem MNS rum und wird nicht erkannt. Ich schätze selbst meine Eltern würden in diesem Aufzug an mir vorbei laufen.

Also überlegte ich danach noch stundenlang, wie der wirklich noch sehr junge, okay auch attraktive Mann, solch einen Fehler begehen konnte. Dafür gibt es natürlich einige Erklärungen:

  1. Er hat seine Brille vergessen, weil diese unter dem MNS ja sowieso immer beschlägt.
  2. Er hat mich mit Angelina Jolie verwechselt, passiert mir nämlich ständig.
  3. Er ist im Corona-Jahr ein wirklich verzweifelter Single, der mittlerweile selbst einen Einkaufskorb anbaggern würde, wenn dieser sich abschleppen lässt.

Oder 4. er steht tatsächlich auf Milf’s. Und das bringt mit dazu, dass ich als echte MOTHER mich nun endlich mal damit auseinandersetzen muss, was dieses MILF denn nun eigentlich bedeutet: Mother i’d like to…. to was? „to flirt“ wäre ja die einfachste Erklärung, aber in meinem Aufzug so weit hergeholt, dass es andere Übersetzungen geben muss.

Und während ich so senil angeflirtet vor mich hinlächle, was ja glücklicherweise dank MNS kein Mensch sieht, sicherheitshalber in der nächsten Kühlregalscheibe kontrolliere, wie ich aussehe und eigentlich gar nichts sehe, weil meine Brille vor Aufregung beschlagen ist, kommt mir doch die Erleuchtung. MILF bedeute nämlich:

„Mother i’d like to ich möchte Ihnen helfen, die schweren Einkäufe nach Hause zu bringen“

Ja, ja, ich bin jetzt in einem Alter angekommen, wo man von jungen Männern Hilfe beim Einkauf bekommt. Anders kann es doch gar nicht sein, oder?

Aber weil ich mir nicht hundertprozentig sicher bin, ob meine Theorie so schlüssig ist, werde ich diese Woche mal sicherheitshalber eine Feldstudie in einem anderen Supermarkt durchführen. Habe nämlich auch die Hefe vor Schreck vergessen und das geht ja mal gar nicht.

Kurzer Einwand der Redaktion: Mein Mann kann übrigens genauso wie ich über diesen „Zwischenfall“ lachen und sollte er demnächst von einer Zwanzigjährigen angelächelt werden, dann weiß er, dass er jetzt ein „Shugardaddy“ ist. Nämlich in dem Alter, wo zu viel Zucker seinen Tod bedeuten könnte, was Zwanzigjährige Blondinen sofort erkennen und lieber helfen wollen, die Weisen.

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