Mum & Dad Superduper

Ihr kennt ja alle den Begriff der Helikopter-Eltern, also Mum Heli und Dad Cop. Ohne hier an bestimmte Personen zu denken, ist der Inbegriff von Mum Heli die Mutter, die selbst ihrem 14 jährigem Sohn mit dem, mit Spucke gedrängten Taschentuch die Mundwinkel säubert, nur um anschließend heimlich, fast inkognito hinter ihm mit dem Fahrrad herzufahren, wenn der Sohnemann sich mit seinen 10 jährigen Kumpels, denn andere Freunde findet er nicht, vor der Tankstelle trifft. Dort versteckt sie sich solange im Gebüsch, bis sie, Variante A: endlich eingreifen kann und ihren Sohn peinlich bloß stellt, oder Variante B: Der Sohnemann selbst diese Peinlichkeit beendet und wieder nach Hause radelt, während seine Kumpels eine ganz gefährliche Cola trinken. Und Dad Cop kommt meistens bei Töchtern zum Einsatz, indem er sämtliche Dates seiner Tochter im Alter von 10-30 Jahren mit einer hohen Professionalität boykottiert. Dabei steht er wahlweise mit einer Gewehrreplik an der Eingangstür, wenn der Datepartner die Tochter abholen möchte, oder zeigt ein verstörendes Fotoalbum, was alles aus den Vorgängern des Datepartners geworden ist, nachdem sie seine Tochter nicht wie einen Engel behandelt haben.

All das sind wir nicht, so hoffen wir jedenfalls. Wenn es gegenteilige Meinungen gibt, so informiert uns bitte. Bringt es uns schonend bei, anhand von ca. 10-50 Beispielen und wir versuchen wohlwollend Eure Argumente gelten zu lassen.

Ich versuche jetzt einfach mal den Gegenbeweis anzutreten. Schließlich kommt der Titel nicht von ungefähr, sondern wir erheben Anspruch auf diese Bezeichnung. Also es soll hier um folgendes Thema gehen: Was lassen sich Eltern alles so einfallen, um ihren Sohn zum Geburtstag zum glücklichsten Kind der Welt zu machen?
Okay, da gibt es die Bezos der Welt, die einfach tief in die Tasche greifen und schlicht alles kaufen, was es im eigenen Online-Shop bei der Abfrage „Geschenke für 9 jährige Jungs“ so ausspuckt, plus dem eigenen Auto, vorerst mit Chauffeur und dem ersten eigenen Haus am Meer.
Doch das ist uns schlicht zu einfach und vor allem einfallslos und völlig unpersönlich.

Wir dagegen gehen es individueller an und das aus gutem Grund. Denn wir haben nämlich erstens dass Problem, dass wir unser Kind in einem Frühling unter mysteriösen Umständen gezeugt haben und es somit kurz nach Weihnachten das Licht der Welt erblickt hat. Somit stehen die zwei wichtigsten Geschenketage kurz nacheinander ins Haus. Zweites Problem: So als vierter heiliger König ist er nach Weihnachten quasi wunschlos glücklich, da der Weihnachtsmann alle Wünsche schon erfüllt hat. Und zum dritten Problem kann ich nur sagen, wir haben nach ausführlicher Belieferung des Weihnachtsmanns schlicht keine weiteren Ideen für sinnvolle Geschenke. Was also nun? Wir könnten den zweimilliardensten Legostein in goldenes Papier packen oder ihm ein hübsches Bild malen und mal seine Reaktion abwarten (Das haben wir übrigens mal zum Kindertag gemacht und das Bild liebt er so sehr, dass es immer noch am Kühlschrank hängt.). Aber ob ihn das zum glücklichsten Kind der Welt machen würde, bezweifeln wir.

Erschwerend kommt nun noch hinzu, dass er zurzeit ausschließlich Fussball im Kopf hat. Bei 3 Tagen pro Woche Training, einem Turnierspiel am Wochenende und diversen verkickten Hofpausen in der Schule ist das eigentlich kein Wunder. Hinzu kommt noch die Switch, die neuerdings einer Fussballakademie ähnelt. Hier verdient der Spieler „Sohn“ bereits pro Woche mehrere 10.000 € und verliert somit komplett den Kontakt zum Boden der Realität. Wie wir Fussballeltern hierbei mithalten, hatte ich ja bereits schon einmal niedergeschrieben. Aber nun haben wir auf der Suche nach dem passenden Geschenk völlig freigedreht.

Also fest stand, es sollte irgendwas mit Fussball sein. Wobei, einen Fussball (nein mehrere) hat er schon, diverse Trickotsätze auch, erst recht ein Tor im Garten und natürlich Fussballkarten aller Vereine. Was fehlt also noch, damit das Kind an gar nichts anderes mehr denken kann? Natürlich ein Fussball-Kinderzimmer. Solch eine Herausforderung nehme ich ja nicht zum ersten Mal an. Während das erste Kinderzimmer unseres Sohnes noch recht neutral eingerichtet war, drehte ich spätestens mit dem ersten Umzug und der ersten Neugestaltung seines Kinderzimmers mal ordentlich frei. Es musste ein Zimmer á la Feuerwehrmann Sam sein, denn Georg spielte den ganzen Tag Feuerwehr und was lag da näher, als ein riesiges Bild seines Helden an die Wand zu malen. Damals war er gerade 3 Jahre. Ich war gestalterisch so talentiert wie ein dreijähriger und dies passte super zusammen. Also nahm ich mir einen Beamer zu Hilfe und malte einfach die Umrisse ab, bis es aussah wie gewünscht.

Drei Jahre später war es dann Lego und hier vor allem die Stormtrooper in allen Raumschiff-Varianten von Star Wars, die es ihm angetan hatten. Also wurde „mal schnell“ das Kinderzimmer zwischen Weihnachten und Geburtstag Weltraumfähig umgestaltet. Damals war es schon ein Wunder, dass mein Mann nicht direkt von der Leiter herab die Scheidung eingereicht hat. Doch so hitzig diese Phase auch war, Georg war begeistert und mein Mann vergaß den Stress irgendwann wieder.

Als unser Sohnemann nun mit seinem 9. Geburtstag drohte und somit ganze vier Jahre ins Land gestrichen sind, kam ich nun mit der Idee um die Ecke, ein Fussball-Zimmer müsste her. Natürlich ging ich dabei äußerst schonend mit den Nerven meines Mannes um. Ich verkaufte den Umbau nicht als „fixer upper“, sonder eher als minimalistische Veränderung von Kleinigkeiten. Ebenso erwähnte ich, dass ich doch alles schon vorbereite und einkaufe und wir das locker bis zu seinem Geburtstag schaffen, ohne auf Mittagsschlaf zwischen den Jahren verzichten zu müssen. Manchmal ist es echt eheerhaltend, wenn man etwas tiefstapelt und nur Teile des Vorhabens im Detail erwähnt.

Aber die Idee fand er gut. Musste sich ja somit keine Gedanken machen. Und ich hatte die Freigabe erteilt bekommen. Also nahm ich mir zuerst das Skizzenheft und schaute mir an, mit welcher Substanz ich arbeiten müsste. Da wäre zuerst einmal das Hochbett, das ganz easy vom Raumschiff zur Torwand umgestaltet werden kann. Nur ein bissl Farbe, ein Fussballnetz und neue Bettwäsche und das Ding sieht aus wie neu. Das Loch für die Torschusswand war ja schließlich schon existent.
Dann ist da die alte Lego-Bude unter dem Bett, die sich mehr und mehr zur unaufgeräumten Lego-Sammelstelle entwickelt hatte. Hier müsste nur ein neues Wandtatoo, ein Sitzsack, ein Teppich und ein unschlagbares Ordnungssystem her und schon sieht es auch aus wie neu.

Dann wurde es langsam schwieriger bei der Planung. Denn in mühsamer Kleinstarbeit hatte ich beim letzten fixer upper aus einer schnöden Ikea-Lampe den wahren und realistischen Todesstern erschaffen. Und dieser musste nun zum Fussball werden. Bei diesem Plan geriet ich an die Grenzen meiner Mathematischen Vorstellungskraft und ich bin gespannt, wen ich jetzt noch überraschen kann. Ich möchte nämlich mein neugewonnenes Wissen mit Euch teilen.

Ein Fussball besteht immer aus weißen Sechsecken und schwarzen Fünfecken!

Also ICH habe dies bisher nicht gewusst und nun zähle ich bei jedem Fussball, der sich mir vor die Füße legt nach. Wer war hier ebenfalls ahnungslos bis heute?
Ich jedenfalls lernte nun nicht nur diese neue Tatsache, sondern auch die Berechnung der Flächen, Winkel und Seiten für meine Ikea-Lampe. Aber wie gesagt, wir sind Superdoper-Eltern und nicht 0815’er.

Nach dieser gemeisterten Planungstechnischen Herausforderung, denn ja, wir befinden uns noch in der Planungsphase an dieser Stelle, blieb nur noch eine Hürde zu nehmen. Die große Wand mit der Star-Wars-Tapete konnte nicht einfach durch ein paar Fussbälle ergänzt werden. Kickende imperiale Kampfläufer sehen halt einfach dämlich aus.
Hier musste etwas Neues her. Nach tagelanger Recherche in den Tapetenshops dieser Welt hatte ich immer noch nichts Zufriedenstellendes gefunden. Ich stellte mir nämlich so eine passende Tapete nur mit Messi, seinem Idol, vor. Und entweder fand ich hier gar nichts oder nur Kuschelposter mit Messi, Ronaldo und Neymar. Und dies erfüllte mich nicht mit „Haben wollen“-Gefühlen. Also wuchs ein neuer Traum in der Superdoper Mum heran. Eine individuelle Tapete mit Messi, die nur unser Sohn hat. Also lass uns doch gleich mal groß denken. Wie wäre es mit einem Graffiti?

Leider kann ich nicht Graffiti und ein Beamer würde mir hier auch nicht weiter helfen. Auch kenne ich keinen Graffiti-Sprayer. Okay, vielleicht hätte ich mich nur nachts vor irgendwelche frisch gestrichenen Neubauten auf die Lauer legen müssen, aber ich wählte lieber einen deutlich seriöseren Weg. Die glücklichmachenden Kleinanzeigen. Hier findet man alles, was man schon immer mal haben wollte und wird los, was man nicht mehr haben will. Und so fand ich auch meinen Graffiti-Künstler, der aber nicht gleich ahnte, dass er es hier mit einer Superdoper-Mum zu tun hatte.

Bei der ersten Anfrage fragte ich noch nach einem Fussball-Graffiti für ein Kinderzimmer. Das ginge natürlich, meinte er. Dann steigerte ich mich langsam über den Wunsch zu Messi, hin zu einem recht realen Bild von einem Duell zwischen Messi und Georg. Offensichtlich nahm mein Graffiti-Künstler Martin diese sich über mehrere Nachrichten hinziehende Herausforderung an. Wer sich nicht so schnell abschütteln lässt, ist genau mein Partner. Also schickte ich ein Foto unseres Sohnes und er den Entwurf für das Graffiti. Und ich war vom ersten Moment an begeistert, denn er hatte genau das Bild getroffen, dass ich mir nur in meinen kühnsten Vorstellungen erträumt hatte. Nein, eigentlich war es sogar noch mehr als das.

Dann einigten wir uns noch schnell auf Preis, Ausführung und Umsetzung und los konnte es gehen. Wir hatten uns nun gegen das Graffiti auf der Wand für eine riesiges Leinwand-Graffiti entschieden. Dies hatte für alle Vorteile. Für uns entfielen der Geruch im ganzen Haus und das mehrfache Abriegeln des Hauses, damit Georg und Martin nicht Bekanntschaft schlossen. Außerdem könnten wir so das Bild irgendwann abnehmen und sichern, statt es überstreichen zu müssen, falls unser Sohn demnächst ein neues Hobby entwickelt. Und ich möchte hier ausdrücklich sagen, dass Hobbywechsel für die nächsten zehn Jahre verboten sind.

Somit war die Planungsphase vollständig abgeschlossen und es ging in die Umsetzung. Als erstes setzten wir Georg um, denn nach Weihnachten wurde sein Zimmer gesperrt und durfte nicht mehr betreten werden. Georg zog ein Zimmer weiter, bekam ausreichend Unterwäsche und Socken überreicht, sowie seine liebsten Plüschtiere. Und wir begannen mit der Umsetzung im Zimmer.

Als Erstes erfolgte die Grundreinigung und die Sortierung aller Lego-Steine. Danach ging es an das Bett und schwuppsdiwupps war es umgestaltet, ohne das unser Haussegen schief hing. Mein Mann glaubte mir immer noch die minimalistische Umgestaltung. Und mit einem regelmässig aufgefrischten Bierbestand und der Darreichung aller notwenigen Materialien erhielt ich ihm auch diese Illusion.
Ich stellte mich der Herausforderung Todesstern in Fussball verwandeln und gewann diese sogar. Und gemeinsam lösten wir die alte Tapete, nur um darunter nochmals dem Feuerwehrmann Hallo zu sagen. Eine Reise durch alle kreativen Phasen unserer Geburtstagsüberraschungen der letzten neun Jahre. Herrlich. Allerdings war der Feuerwehrmann ganz schön penetrant an der Wand und ich konnte nur hoffen, dass das Graffiti groß genug wird, damit es die Umrisse der Feuerwehr verdeckt. Die andere Variante bereitete nämlich schon Swen Kopfzerbrechen. Entweder müssten wir neu verputzen oder das ganze Haus neu bauen. Also Daumen-Drück!

Dann war es endlich soweit. Wir hatten unseren Teil im minimalistischen erledigt und nun fehlte nur noch der Künstler mit seinem Bild. Zwei Tage vor dem Geburtstag lieferte er wie abgesprochen. Da die Leinwand selbst für den Transporter zu groß war, kam die Leinwand in Einzelteilen und bei einem Kaffee baute er das gute Stück zusammen. Was soll ich sagen? Ich war total begeistert, geflasht und aus dem Häuschen. Trotz der regelmässigen Bilder, die uns Martin in der Fertigungsphase übersandt hatte, war es nochmal etwas ganz anderes, es live zum ersten Male zu sehen. Ich kann gar nicht genug loben, wie viel besser es gegenüber meinen kühnsten Träumen war. Tausend Dank dafür!

Nun fehlte nur noch eines: die feierliche Übergabe. Trotz aller Baumaßnahmen hatten wir es echt geschafft, das Georg keinen blassen Schimmer hatte, was ihn erwartete. Aber als an seinem Geburtstag alle Gäste da waren, die sich im kleinen und großen an dem Geschenk beteiligt hatten, durften wir endlich seine strahlenden Augen sehen. Und die waren es wert. Selbst jetzt nach fast 4 Wochen erwähnt er immer noch täglich, wie toll er sein neues Zimmer findet.

Ich muss nicht erwähnen, dass ich selbstverständlich noch eine Fussballtorte gebacken habe und Fussball Cupcakes für seine Kumpels. Alles andere würde uns schließlich im Rennen um die Superdoper-Eltern aus dem Rennen werfen.
Also was sagt ihr, haben wir den Titel? Aber eigentlich ist egal, ob wir hier offiziell den Titel gewinnen, denn für unseren Sohn, sind wir genau diese Eltern. Und deshalb machen wir es auch immer wieder gerne. Bis zum nächsten Mal Umgestaltung in frühestens zehn Jahren. Und wenn er dann Playboy-Bunnies an der Wand haben will, kann er selber bei Martin anrufen. Da bin ich raus.

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