Oh Julia, oh Julia….nimm mich mit

Der William S. war definitiv noch nie bei Julia Engelmann an einem Ich-weiß-nicht-was-es-war-Abend. Denn sonst hätte er diese vielzitierte Zeile nicht dem schönen Romeo gegönnt, sondern der Julia.

Julia Engelmann jedenfalls hätte diese Lubdudelei wirklich verdient. Gestern hat sie mich zum ersten Mal mit in ihre Achterbahn mitgenommen und ab sofort will ich hierfür ein Abo, eine Dauerkarte, einen Stammplatz. Mal in einer anderen Achterbahn zu sitzen und dann auch noch deren Höhen und Tiefen so schön verreimt und versungen zu erleben, macht mich mit meinem Blog eher blass.

Ich werde hier nicht erklären, wer diese „Oh Julia, Oh Julia“ wohl ist. Dafür gibt es google, youtube und das worldwideweb und ihr alle habt zehn Finger an der Hand und könnt diese Medien bedienen. Ich sage nur:

„und eines Tages, Baby,
werden wir alt sein, oh Baby,
werden wir alt sein..
und an all die Geschichten denken –
die für immer unsere sind“

Julia Engelmann

Aber ich werde mal versuchen zu beschreiben, was dieser Abend mit mir gemacht hat. Ich habe gelacht, geweint, gestaunt und dabei immer auch die Parallelen zu meiner Achterbahn verarbeitet bzw. Weggenossen vor mir gesehen. Sie poesiert so wunderbar nah an der heutigen Zeit und dem heutigen Lebensgefühl, dass es alle im Raum angesprochen hat. Spätestens als die 70 jährigen mittanzten, war ich von ihrer Wirkung beeindruckt.

Ich bin niemand, der zu Hause täglich Gedichte liest oder sich mit Lebensweisheiten anfreunden kann. Wenn ich dichte, und als Kind habe ich es versucht, kommt eher so eine verbale Körperverletzung raus. Ich hab’s mal mit der Verdichtung von Rosenrot und Schneeweißchen versucht und meine Schlusszeile war an Eloquenz nicht zu überbieten:

Rosenrot kriegt jetzt nen Mann,
Schneeweißchen die ist später dran.

Daniela Jedlicka

Das aus mir keine Daniela Goethe geworden ist, kann ich mir wirklich nicht erklären. Mein Papa hat es aber wohl damals schon erkannt und mir in Dieter Bohlen-Manier mein Talent umschrieben:

Du bist der Dichter unter den Dichtern,
wie der Arsch unter den Gesichtern.

Papa

Damit war die Motivation dahin und ich suchte mir andere Entwicklungsfelder und ließ Julia ihren Platz. Und vielleicht gerade weil ich weiß, wie hart es ist einen geradlinigen Reim hinzubekommen, kann ich ihre Kunst einfach nur bewundern.

Eine Sprachgewandtheit die in ihrem „Anglizismen ABC“ oder auch „AKA BTW Coconutiol“ an Perfektion kaum zu überbieten ist. Die Hälfte der Worte kenne ich nicht oder scheitere an deren Aussprache. Und selbst wenn man mir ein zusätzliches Leben anbieten würde, wenn ich in einem Jahr dieses Gedicht auswendig lernen würde, ich könnte es nicht schaffen. Im Leben nicht und auch nicht in einem zweiten. Und dabei spreche ich noch nicht einmal von den Emotionen, die sie dabei auch noch transportieren kann.

Apropos Emotionen, nach dem „Was-auch-immer“, ich glaube es war ein Gedichte-Konzert, fragte ich jedenfalls meinen geliebten Swen, welches dieser Lieder oder Gedichte ihm am besten gefallen hat und welches ihn an meisten berührt hat. Und wir waren uns mit all unseren zwei Stimmen absolut einig. Ihr Gedicht „mein Vater“ hat unsere Tränendrüsen strapaziert und in Gedanken waren wir wieder dieses Kind, das zu seinem Vater aufschaut. Schöner kann man seinem Vater oder auch seiner Mutter nicht danke sagen. Und ich schätze ihr Vater heult heute noch vor lauter Glück und Stolz, wenn er das Gedicht hört.

Georg bekommt jedenfalls morgen seinen ersten Schreibblock und hat ja locker Zeit bis zum Vatertag etwas Vergleichbares zu zaubern.

„Ich hab immer geglaubt all das Glück fliegt mir zu.
Aber rückwärts geschaut, warst das Glück immer Du.“

Julia Engelmann

Aber das schöne ist ja, man kann auch noch mit Tränen in den Augen gleich wieder herzhaft lachen und tanzen, wenn sie zum Beispiel eine Textzeile hat, wie:

„ich hab kein gutes Bauchgefühl, weil ich es mit Hunger verwechsle“

Julia Engelmann

Nur ein Teil aus ihrer Lebensbestandsaufnahme, die aus den drei Teilen „was ich nicht hab“, „was ich hab, aber nicht will“ und „was ich hab“ besteht und schlussendlich so sehr in diesem Gefühl endet:

„ich bin glücklich
ich bin glücklich“

Julia Engelmann

Wer da den Raum verlässt und nicht happy ist, braucht 1. eine Freundin, die mit reichlich Konfetti um die Ecke kommt und 2. eine Grapefruit zum Frühstück. Auch hier bucht lieber die nächsten Tickets, als das ihr auf eine Erklärung von mir hofft.

Ich war schon an dieser Stelle des Abends, und eigentlich ja immer, so glückbeseelt, dass das Konfetti unserer Julia und Jule wie der Puderzucker auf unserem Glück wirkte. Auch wenn ich mir sicher war, das es ein guter Abend wird, so wurden meine Erwartungen übertroffen.

Und bevor ich wieder dazu übergehe, reimen zu wollen, werde ich lieber mal einen letzten Refrain zitieren, der nun zu meinem täglichen gesungenen Mantra vor dem Spiegel wird.

„Manchmal wär ich gerne schöner
doch das geht auch wieder weg.
oh oh oh oh“

Julia Engelmann

Oh Julia, oh Julia verzeih, dass ich mich deiner Worte bediente. Ich buche die nächste Achterbahnfahrt mit dir, packe meine Tasche voller Konfetti und überbrücke die Wartezeit mit den kleinen einzelnen Passagen, die man so wunderschön in sein Leben einbauen kann, wie mein neues Spiegel-Mantra.

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